Wie heisst es so schön: «Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.» Was für viele nur als bekannter Spruch aus dem Poesiebuch gilt, ist für Steffi Braun gelebte Realität.

VON Benedikt Lachenmeier

Die 24-Jährige ist auf einem Pferdehof aufgewachsen. Auf dem Lehenhof in Rothrist, den ihre Eltern bereits in der dritten Generation pachten. Wann sie das erste Mal im Sattel sass? Daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Ihre Leidenschaft hat sie zum Beruf gemacht. Die Aargauerin ist Sattlerin mit Fachrichtung Pferdesport.

Steffi Braun beim Sticken der Riemen
für die Treichel vom eidg. Schwing- und
Älplerfest in Estavayer im 2016

«Wenn ich erzähle, welchen Beruf ich ausübe, ernte ich jeweils einen fragwürdigen Blick.» Gleichaltrige wissen oft nicht, was überhaupt die Aufgabe einer Sattlerin ist. «Sie denken, ich sattle Pferde oder mache Velosättel», lacht Steffi. In Wirklichkeit fertigt die Handwerkerin Geschirr für Pferde, nimmt für die jeweiligen Reiter und Pferde Anpassungen an Sätteln vor oder repariert diese. Ebenfalls stellt der Betrieb, in dem die Pferdenärrin arbeitet, Riemen für Glocken und Treicheln her. «Leder ist ein superschönes Material. Man kann es vielseitig einsetzen. Es wird einem nicht so schnell langweilig», schwärmt Steffi. Den ganzen Tag in den Computer zu stieren, könnte sie sich nicht vorstellen. «Beim Sattlern sehe ich am Abend, was ich gemacht habe. Dann kann ich auch zufrieden nach Hause gehen.» Steffi lebt ihren Traum. «Mir gefällt, wie ich Handwerk und Pferde verbinden kann.» Und: «Ich finde es toll, wenn auch junge Leute einen solchen Beruf lernen und nicht alle in der schnelllebigen Zeit leben. Für mich bedeuten Traditionen Heimatgefühl. Das Einzigartige, das Schweizerische, sollte man erhalten. Nicht immer alles aus dem Ausland kopieren. Mit meinem Beruf probiere ich, einen Beitrag dazu zu leisten.»

Traditionen lebt Steffi auch zusammen mit ihrer Familie. Jedes Jahr fahren die Brauns ans Fahrturnier nach Langenthal – in der eigenen Kutsche! «Bei uns ist es Tradition, dass wir an diesem Wochenende die Pferde nicht auf einen Anhänger laden, sondern dass sie angespannt werden.» Eltern und Grosseltern hätten schon viele Preise geholt, sie selbst sei nicht so ehrgeizig im Pferdesport. Doch einmal hat auch sie gewonnen. «Das war mehr der Verdienst von unserem Zuchthengst Don Flamingo», betont die Reiterin. «Wir witzeln noch heute darüber, dass er die Nummern selbst lesen konnte und den Parcours alleine schaffte.»

Reiten bedeutet für Steffi Freiheitsgefühl, abschalten, Kopf lüften. Wenn sie jeweils nach Feierabend durch Feld und Wald reitet, vergisst sie alles um sich herum. Unterwegs ist Steffi auch, wenn es regnet. Und am Wochenende sogar jeweils bis zu drei Stunden am Stück. Dann trainiert sie anhand von Übungen auch die grauen Zellen des Tieres. «Es schadet nichts, wenn das Pferd auch mal überlegen muss.» Wie ihre beiden Schwestern Claudia und Janine und ihr Bruder Felix, reitet auch Steffi immer dasselbe Pferd. Seit elf Jahren ist Wallach Filou ihr ständiger Begleiter. «Er ist wie ein guter Freund. Wenn er mal einen schlechten Tag hat, spüre ich das sofort.»

Steffi Braun und Ihr Pferd

Steffi Braun und ihr Filou

Um mit ihrem Filou zu reiten, hat Steffi eigens einen Westernsattel angefertigt. Nach der Lehre ging sie für drei Wochen in den Jura, um in der Sattlerei Hess diese spezielle Technik zu lernen. Dort durfte Steffi ihren eigenen Sattel gestalten. «Ich habe das Ziel, die ganze Ausrüstung, die ich brauche, selbst herzustellen.» Auch wenn ihre Eltern den Westernsattel nun stolz jedem Besuch auf dem Bauernhof präsentieren, hat die ehrgeizige Handwerkerin noch lange nicht das Gefühl, sie sei ein Profi. Deshalb möchte sie auch damit warten, ein eigenes Geschäft zu gründen. Obwohl die Nachfrage vorhanden wäre, weil viele Leute fragen, wann es endlich so weit ist. «Ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Bevor ich mich selbstständig mache, will ich mit gutem Gewissen sagen können, dass ich das kann. Wenn ich etwas mache, dann richtig. Deshalb eilt es nicht.» Steffi liebäugelt mit dem Gedanken, ein paar Monate nach Amerika zu gehen, um dort ihre Kenntnisse zu vertiefen. «Das wäre ein Riesenschritt für mich. Ich war noch nie so weit weg», sagt die Pferdenärrin. «Aber Ziele muss man haben im Leben.»

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