Auf dem Grenzweg im Westen der Ajoie

Im Jura-Grenzwald zwischen der Schweiz und Frankreich bei Damvant wird die Zeit nicht lang: Hier im äussersten Westen der Ajoie über dem Tal des Doubs begegnet man sogar Sauriern aus dem Erdmittelalter . . . zum Glück bloss im unbewegt-ungefährlichen Modell.

von Franz auf der Maur

Wenn wie jetzt zum Sommerbeginn die Sonne hoch am Himmel steht, geniesst man gern eine Schattenpartie. Unsere Rundwanderung bei Damvant, dem westlichsten Dorf der Ajoie im Nordjura, führt auf längeren Strecken durch dichten Wald – und während etlicher Kilometer der Landesgrenze entlang.

Zwar bleiben wir stets auf eidgenössischem Heimatboden, doch empfiehlt es sich, bei dieser Tour Identitätskarte oder Reisepass auf sich zu tragen. Zollkontrollen werden inzwischen allerdings nur noch sporadisch durchgeführt, und die Patrouillen der Grenzwächter haben andere Sorgen, als harmlose Fusstouristen zu durchsuchen. Dennoch: sicher ist sicher …

Wandern auch im Nachbarland
Ohne grosse Rücksicht auf Geländeformen wie Bachläufe oder Bergkämme zickzackt die Landesgrenze während unseres sommerlichen Wandertages durchs Gelände, und Grenzsteine unterschiedlichen Alters erzählen von den Wechselfällen der Geschichte. Vor Antritt der Expedition – oder nach deren Ende – lohnt sich ein Besuch der katholischen Pfarrkirche von Damvant. Moderne Glasfenster des Pruntruter Künstlers Alex Angi bilden hier einen starken, doch durchaus harmonischen Kontrast zu den schmucken Barockaltären. Die sakrale

Glasmalkunst ist im Kanton Jura übrigens gut verankert; in manchen Dörfern führen braune Kulturwegweiser zu den damit geschmückten Gotteshäusern.

Weil die hier vorgestellte Grenzwanderung nur im letzten Teil auf markierten Wegen verläuft, empfiehlt sich die Mitnahme einer Karte, etwa des detailreichen Landeskartenblattes Nr. 1084 «Damvant » im Massstab 1 : 25 000. Die Anschaffung lohnt sich auch deshalb, weil sich damit viele weitere lohnende Jurawanderungen sowohl in der Schweiz wie im benachbarten Frankreich zusammenstellen lassen.

Motorisierte Patrouillen
Vom westlichen Dorfrand Damvants führt ein Flursträsschen in südwestlicher Richtung zum Gehöft Le Calvaire und zur nahen Grenze beim Punkt 721. Wer nun aufgeregt eine Sensation erwartet, dürfte enttäuscht werden: hüben wie drüben die gleiche harmonische Juralandschaft mit Weiden und Waldparzellen.

Der Weg folgt eine Weile dem Grenzverlauf und wandelt sich dann zum Trampelpfad, früher häufig, heute bloss noch selten von Grenzwächtern beschritten. Einst waren sie eine Art von Berufswanderern – heute sind die Patrouillen vorzugsweise motorisiert (speziell die der Franzosen, denen man nachsagt, sie würden nicht gerne zu Fuss gehen).

Getreulich führt der schmale Grenzpfad an einer interessanten Abfolge von Grenzsteinen vorbei, wobei gelegentliche Steigungen oder Gefälle etwas Trittsicherheit verlangen. Alle Hoheitsmarkierungen tragen Nummern: Nr. 446 befindet sich auf gerade 700 m ü. M. im Bois des Vaux; Nr. 452 markiert die Stelle, wo der Grenzverlauf aus nordsüdlicher in westöstliche Richtung umbiegt; Nr. 457 überragt die Combe de Vaux mit ihren geschützten Narzissenwiesen; bei Nr. 470 öffnet sich der Blick gegen Süden über das Tal des Doubs bei Vaufrey; Nr. 474 schliesslich bewacht einen Saurier-Zoo. Dieser Préhisto-Parc bei den Grotten von Réclère zählt nicht zum eigentlichen Wanderprogramm, verdient indes durchaus einen Besuch … dies schon des stählernen Aussichtsturms wegen, der einen schönen Rundblick über das Tourengebiet gestattet.

Württembergs Herzöge im Jura
Doch zurück zu den Grenzsteinen. Mit ihren Wappen und Jahrzahlen zeugen sie von einer wechselvollen Geschichte in dieser Waldeinsamkei. Bis zur Französischen Revolution von 1789 gehörten grössere Gebiete westlich der Grenze mit der Stadt Mömpelgard (heute Montbéliard) den deutschen Herzögen von Württemberg. Und auf dem Territorium des jungen, 1979 gegründeten Kantons Jura hatten 1815 die Berner das Regiment der entmachteten Basler Fürstbischöfe übernommen.

Bis heute hält auf verwitterten Grenzsteinen das Bärenwappen treue Wacht. Offenbar machte sich niemand die Mühe, das Symbol der hier nicht gerade geliebten Regenten aus dem fernen Bern zu entfernen und durch das aktuelle Jurawappen zu ersetzen. Bemerkenswert sind auch die modernen Grenzsteine aus dem 20. Jahrhundert mit Schweizer Wappen und
der Aufschrift «RF» für République Française. Es handelt sich um Granitquader aus den Alpen, die in dieser von Kalkgestein geprägten Juralandschaft wie Fremdkörper wirken.

Vom Eingang zu den Grotten und zum Préhisto-Parc führt eine nun markierte Route mit geringem Gefälle gegen Nordwesten in einer Dreiviertelstunde zurück nach Damvant.

Route
Damvant westlich von Porrentruy/Pruntrut (609 m)—La Calvaire (721 m)—von Grenzstein zu Grenzstein bis zum Eingang Préhisto-Parc und Grotten bei Réclère (658 m)—Les Chaufours (620 m)—Damvant (609 m).

Wanderzeit
Etwa 3 Stunden mit abwechslungsreichem Auf und Ab.

Öffentlicher Verkehr
Porrentruy ist von Basel aus direkt durch Regionalzüge der Linie S3 oder durch Schnellzüge Richtung Biel mit Umsteigen in Delémont erreichbar. Postautos und Rufbusse von PubliCar (Tel. 0800 55 30 00) verkehren zwischen Porrentruy und Damvant.

Karten
Landeskarte der Schweiz 1 : 25 000, Blatt 1084 «Damvant». Landeskarte 1 : 50 000, Blatt 222 «Clos du Doubs». Wanderkarte 1 : 50 000, Blatt 222 T «Clos du Doubs».

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