Weben, Strom erzeugen, Tunnel bohren … Es gibt hierzulande viele Regionen, die von einer höchst interessanten Industriegeschichte erzählen. Auf einer Tagestour – oder gar Rundreise – kann man in Museen Techniken und (seltene) Maschinen entdecken, die die Schweiz zu dem machten, was sie heute ist.

Kühe, Berge, Schokolade und Käse werden typischerweise mit der Schweiz assoziiert. Wie ein Blick auf  die Technikgeschichte und Industriekultur verrät, waren für die erfolgreiche Entwicklung des Landes in den letzten 200 Jahren die Fabriken, Eisenbahnen und Maschinen jedoch mindestens genauso zentral. In zahlreichen Sammlungen und Museen kann man den Menschen nachspüren, die durch harte Arbeit, mit Erfindergeist und unternehmerischem Risiko die Schweiz bedeutsam geprägt haben. Die mit der Schweiz verbundenen Werte wie Präzision, Sicherheit, Zuverlässigkeit durchziehen alle Branchen. Um diesen Institutionen mit ihrem Bildungs- und Freizeitangebot eine grössere Sichtbarkeit zu verleihen, entstand Ende April die Kommunikationsplattform Swiss Industrial Heritage (SIH) – lanciert vom Verband Industriekultur und Technikgeschichte Schweiz (VINTES). Intention ist es, die Industriegeschichte lebendig zu erhalten und künftig rund 50 bis 70 Einrichtungen vorstellen zu können. Interessierte können sich umfassend orientieren und tief eintauchen in das kulturelle Erbe der industriellen Produktion. Online, oder was noch viel schöner ist, hautnah am Schauplatz. Folgende Ausflugsziele sind unbedingt eine Reise wert (weitere Infos unter: www.sih-vintes.ch).

Spannende Technik- und Industriegeschichte

Zug ist seit den Anfängen der Industrie in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts der am stärksten industrialisierte Kanton der Zentralschweiz. Davon erzählt der «Industriepfad Lorze» mittels Tafeln entlang des bilderbuchschönen Flusses Lorze und in der Stadt Zug. Mit Architekturbeispielen, Infrastrukturanlagen, Archiven und Fotobeständen. Wer in Schlieren das «WAGI Museum» besucht, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus: Rund 600 Ausstellungsstücke aus dem Fabrikalltag der Schweizerischen Wagons- und Aufzügefabrik AG und 15 000 Archivalien beeindrucken. Hingegen rattern in Bäretswil die Textilmaschinen …

Im «Museum Neuthal Textil- & Industriekultur » wird die industrielle Blütezeit der Region lebendig. Wasserkraft, Spinnen, Weben und Sticken, gar der ganze Produktionsprozess für ein Stück Stoff mit historischen Maschinen werden gezeigt. Schuhe aus Schönenwerd: Alte Textil- und Schuhproduktionsmaschinen versetzen einen in der «BALLYANA Sammlung Industriekultur» in die Gründerzeit zurück. Historische Schuhe, Bänder, Dokumente uvm. lassen diesen Industriezweig und die Familie Bally auf schönste Weise aufleuchten.

Spannende Industriegeschichten aus dem Thurgau und Objekte lauern im Webarchiv www.meineindustriegeschichte.ch («Historisches Museum Thurgau», Frauenfeld). Gefilmte Interviews machen Lebens- und Arbeitswelten des 20. Jh. unmittelbar erfahrbar. In Diessenhofen beginnt eine interessante Spurensuche im «Museum kunst + wissen». Das Gebäude aus dem Jahre 1560 beherbergte Mitte des 19. Jh. eine Rotfärberei «Rotfarb und Cattundruckerei» – heute ist das schmucke Haus ein toller Begegnungsort im Zeichen von Kunst und Kultur. Der Wandel vom Bauerndorf zur Technologiestadt Grenchen ist eindrücklich zu sehen im «Kultur-Historischen Museum Grenchen».

Es lockt die Lok: Bahngeschichte

Einfach in den fauchenden Dampfzug einsteigen und wie in vergangenen Zeiten von Bauma nach Hinwil tuckern, oder mit dem Oldtimer-Postauto eine Rundfahrt auf die Hulftegg antreten. Der «Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland» bietet unvergessliche Fahrten mit historischen Zügen an. Sammeln, Dokumentieren, Archivieren von Zeitzeugen der Schweizer Bahngeschichte – all dem hat sich die Stiftung Historisches Erbe der SBB, kurz «SBB Historic», verschrieben.

Kurzum: Archiv und Dampflokdepot in einem, in Windisch, wo es sich lohnt zu stöbern. Bohren, Sprengen, Schuttern in Göschenen. Wie an keinem anderen Ort an der Gotthardlinie veranschaulichen die Brücken die Verkehrsentwicklung vom Saumpfad über die Strasse bis zur Eisenbahn. Der «Rundgang Gotthardtunneldorf » ist ein echtes Erlebnis. Mit ihrer 100-jährigen Geschichte hat die BLS mit ihrem Pioniergeist den Schweizer Eisenbahnverkehr entscheidend mitgeprägt, von der Eröffnung des Lötschberg-Scheiteltunnels bis zum heutigen zweitgrössten S-Bahn-Betrieb der Schweiz. Loks bestaunen, historische Trouvaillen uvm. in der «BLS-Stiftung, Lokdepot Burgdorf».

Endlich Wirtschafts- und Finanzgeschichte verstehen

Wer Wirtschaftsgeschichte als Kulturerbeerforschen möchte, wendet sich am besten an das «Schweizerische Wirtschaftsarchiv SWA», Basel (www.wirtschaftsarchiv.ch). Alles über Aktien und Geld erfährt man beim «Schweizer Finanzmuseum», Zürich (www.finanzmuseum.ch).

In interaktiven Multimedia-Installationen wird die Finanzindustrie transparent, eine Dauerausstellung zeigt Aktien legendärer Unternehmen von der Neuzeit bis heute. Im «Schweizer Sozialarchiv» finden sich Dokumente zu allen relevanten Gesellschaftsfragen. Schwerpunkt: Schweizer Politik und Gesellschaft vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart (www.sozialarchiv.ch).