In der Schweiz landet gemäss ETH-Studie jährlich rund ein Drittel aller Lebensmittel im Abfall. In Zahlen ausgedrückt: 2,8 Millionen Tonnen – ein krasser Auswuchs unserer Wohlstandsgesellschaft. Doch wie setzt man Abfallvermeidung im Alltag um? Wir liefern Ihnen die Tipps dazu. (Fortsetzung unseres Artikels “Wonne statt Tonne – so vermeiden Sie Lebensmittelabfälle”)

Von Christian Meyer

Planung und Küchenorganisation helfen mit, die Lebensmittelverschwendung zu minimieren. Hier folgen weitere Tipps und Rezepte.

Hackfleisch: vom Burger bis zur Teigtasche

Wir fahren mit dem weltweit beliebten, auf vielfältige Art verwendbaren Hackfleisch fort, (für Veganer auch „plant based“ erhältlich):

Kaufen Sie im Sinne der geschickten Küchenplanung jeweils gleich die doppelte Menge ihres Bedarfs. Wie wäre es mit „Ghackets mit Hörnli und Apfelmus“ – dem Lieblingsgericht vieler Schweizer Kinder? Und dies ist der zeitsparende Trick dabei: Die Hälfte des gekochten Hackfleisches in Sauce sofort heiss in ein passendes, peinlich sauberes Glas abfüllen (oder in einen geeigneten Kunststoffbehälter).

Behälter aus Glas sind frisch aus dem Geschirrspüler, oder sehr heiss und gründlich ausgewaschen, nahezu keimfrei und geben garantiert keine Giftstoffe ab. Den Behälter nach dem Abfüllen sofort verschliessen und unter fliessendem Wasser oder in Eiswasser abkühlen. Damit erreichen Sie ohne grossen Aufwand einen ähnlich schonenden Konservierungseffekt wie bei der Pasteurisierung. So lässt sich mit den meisten Saucen und Zubereitungen verfahren, die Sie kühlen oder tiefkühlen möchten. Anschliessend haben Sie die Wahl: Im Kühlschrank hält sich dieses Hackfleisch mit Sauce mindestens drei, vier Tage. Hat der Inhalt Zimmertemperatur erreicht, können Sie die Gläser jetzt samt Inhalt in den Tiefkühlschrank (TK) geben.

Was spricht gegen Plastik im Tiefkühlschrank?

Wir finden nach anfänglicher Skepsis: Tiefkühlen im Glas klappt ganz gut, wenn Sie die Sicherheitsbestimmungen einhalten. Das heisst: Gläser nie ganz füllen („zwei-Finger-breit-Regel“), denn flüssige oder halbflüssige Lebensmittel dehnen sich bekanntlich beim Gefriervorgang aus. Ferner: Grosse Temperaturunterschiede beim Beschicken des TK und beim Auftauen vermeiden. Also beispielsweise Tiefkühlgut in Gläsern nie heiss in den TK geben, oder umgekehrt nie eiskaltes Material sofort in heissem Wasser auftauen. So vermeiden sie Bruch durch Spannungen im Glas. Übrigens: Möglichst hochwertige Gläser mit weitem Hals und Schraubverschluss („Twist Off“) verwenden (z,B,.Bormioli, Kilner, Weck, Le Parfait). Gebrauchte Gläser, beispielsweise von im Handel erstandenen Konfitüren und Pastasaucen stammend, sind von unterschiedlicher Qualität, können aber bedingt verwendet werden. Empfohlen wird deren Einsatz indessen von manchen Umweltorganisationen, da es sich explizit um eine sinnvolle Wiederverwendung der Gläser handelt. Argumentiert wird, dass das völlig unbedenkliche Glas den zuweilen im Haushalt verwendeten Plastikmaterialien überlegen sei, etwa hinsichtlich Schadstoffübertragung wie Weichmacher bei längerer Lagerung.

Lasagne, Bolognese, Chili con carne, Ravioli…

Zurück zum Hack: Mit dem selbst hergestelltem Hackfleischvorrat im Kühl- oder Tiefkühlschrank lassen sich weitere beliebte Gerichte herstellen, variieren oder mit neuen Zutaten auf den Tisch bringen: etwa Lasagne, Spaghetti Bolognese oder Chili con Carne (in diesem Fall nachträglich Zwiebeln und Paprikagewürz andünsten, mit roten Bohnen, Chilischoten, Mais und gedünsteten Gemüsepaprikastreifen vollenden). Hackfleisch in Sauce kann man auch in einer Pfanne langsam einreduzieren, bis die Masse eindickt und mit dem Löffel portionierbar wird. Anschliessend sofort kühl stellen und später mit Fertigteig aus dem Laden Ravioli in Spitzenqualität auf den Tisch stellen. Und all dies mit einem vertretbaren Arbeitsaufwand.

Altes Brot schmeckt wieder wie neu

Schier unerschöpflich sind die Möglichkeiten, altes Brot schmackhaft aufzubereiten: Angetrocknete Brotscheiben munden ganz passabel, wenn man sie leicht anfeuchtet und toastet. Oder man serviert sie beispielsweise zum Apero als katalanisches „pan amb tomáquet“ (getoastet, mit einer geschälten Knoblauchzehe und einer Tomatenscheibe abgerieben und ein paar Tropfen Olivenöl sowie Meersalz aromatisiert) oder in der Pfanne zu knusprigen Croûtons geröstet, auf Salat.

In der ausgewachsenen Variante als Vorspeise oder als Beilage zu Grilladen, tischt man Altbrot als toskanische Panzanella auf: Ein aus dem Vorhandenen komponierter Salat, meist mit Tomaten, Gurken und Zwiebeln, allenfalls ergänzt durch Reste von gekochtem oder rohem Stangensellerie, Fenchel, Gemüsepaprika, Kräutern, etc., an italienischer Salatsauce, mit grossen, gerösteten Altbrotwürfeln serviert.

Bekanntlich lässt sich getrocknetes Brot als Paniermehl verwenden, oder man kann „Arme Ritter“ und „Fotzelschnitten“ in der Pfanne in Butter braten. Wer den Aufwand nicht scheut, stellt aus altem Brot Knödel oder Gnocci her. Den heiss geliebten Hackbraten nicht vergessen: Dieser gerät mit einer in etwas Milch aufgeweichten altbackenen Semmel so saftig wie einst bei Grossmutter.

Gemüse- und Fleischreste ergeben „a Gröstl“

In Bayern und in Tirol ist das Wiederverwenden von Gekochtem quasi Volksgut (wie übrigens die Verwendung von Pellkartoffeln vom Vortag für „Rösti“ in der Schweiz). Für das Gröstl werden Braten- oder Siedfleischreste, Speck, Zwiebeln und Gemüse zusammen mit Kartoffeln in Butter oder Schmalz und Kräutern und oft auch mit Kümmel, knusprig angebraten und kommen mit Kräutern und Spiegelei dekoriert auf den Tisch.

Kartoffelreste

Erneut erhitzt, mehr oder weniger fein zerstampft und mit Gemüse und Kräutern versetzt, ergeben gekochte Kartoffel vom Vortag ein buntes Kartoffelpüree, “Stampf“ oder“Stock“ – etwa mit Kräutern, Brokkoli, Knollensellerie oder Kürbis.

Reste von Kartoffelstock gibt man in eine Suppe, formt sie mithilfe von Eigelb (zum Binden der Masse) und etwas Paniermehl zu kleinen Plätzchen und brät sie in der Pfanne in Butterschmalz: „Kartoffeltätschli“ nennt man dies in der Schweiz. Ist die Kartoffelmasse eiskalt und eine beschichtete Pfanne bei mittlerer Stufe erhitzt, gelingen „Tätschli“ mit etwas Geschick auch ohne Bindemittel. Wer ferner den Aufwand nicht scheut: Kartoffelreste lassen sich leicht zu Gnocchi oder Knödel verarbeiten.

Gratins sind ein Thema für sich

Auf nahezu alle Reste anwendbar ist Auflauf oder Gratin: Für die salzige Variante einfach die Überbleibsel  von Nudeln, Kartoffeln, Brot oder Reis mit Gemüse und Fleisch oder Fisch mischen, Käse darüber geben und knusprig goldbraun überbacken. Und mit dieser Variante können Sie am Familientisch punkten: Kartoffelreste, mit etwas Reibkäse und Halbrahm gratiniert, ergeben einen „Second Hand“-Gratin dauphinois.

Gemüsereste zu Smothies, Gazpacho und Ratatouille

Bei den heutigen Küchenausstattungen sind Smoothies im Nullkommanichts hergestellt: Früchte (mitunter auch etwas Gemüse) in den Mixer geben, ein paar Spritzer Wasser hinzufügen und zusammen mit Kräutern, Gewürzen und Ingwer pürieren. Frische Früchte peppen das Smoothie auf – Avocado, Birne oder Bananen, je nach Vorliebe.

Oder Sie wählen die salzige, andalusische Variante: Geringe Mengen von gekochten Tomaten und Gemüsepaprika verarbeiten Sie, ergänzt mit frischen Tomaten und Gurken, zu einer köstlichen Gazpacho. Die kalte Gurken-Tomatensuppe gehört inzwischen zu den beliebtesten spanischen Gerichten. Oder sie setzen mit gedämpften Tomaten vom Vortag, ergänzt durch frisches Gemüse eine „Ratatouille“ an. Dieses baskische Gemüseragout aus Peperoni, Tomaten, Zwiebeln und Eierfrüchten erfreut sich inzwischen auch in unsern Breiten einer wachsenden Beliebtheit.

Tiefkühl-(TK)-Gemüse – ein weites Feld

Eigenhändig Gemüse portionieren und tiefkühlen, lohnt sich das? Ja, wenn man beispielsweise beim Bio-Bauern in der Nähe einkauft. So weiss man, was man hat. Leicht portionierbar sind etwa Blumenkohl, Sellerie, Lauch oder Bohnen, die man blanchiert (in kochendem Salzwasser ein paar Minuten angegart und sofort abgekühlt) in möglichst flachen Schichten in Tiefkühlbeutel gibt und anschliessend umfüllt. Zusammen mit weiterem portionierbarem Gemüse wie Erbsen, Spinat und Rosenkohl vom Tiefkühlregal ermöglicht dieses Vorgehen neue Möglichkeiten. Binnen kurzer Zeit zaubern Sie eine reichhaltige Gemüseplatte auf den Tisch, oder Sie haben Rohmaterial für Suppen und Saucen immer griffbereit. Falls der Tiefkühlraum knapp wird: Im Onlinehandel sind Tiefkühlschränke bereits ab 100 Franken erhältlich. Und der Energieverbrauch ist gemessen am Nutzen bei neuen Geräten vernachlässigbar.

Ei, Ei, Ei – Meringues, Rührei, Omelette, Crèpes, Tortilla, Frittata

Vom Backen übrig gebliebenes Eiweiss oder Eigelb kann man, ergänzt durch zwei, drei frische Eier, für Crèpes oder eine Omelette verwenden. Ein einziges übrig gebliebenes Eiweiss lässt sich unter eine Käsekuchenmasse mogeln. Ab vier bis fünf Stück Eiweiss lohnt es sich, einen Kuchen zu backen, dessen Rezept Eischnee erfordert. Tipp: Eiweiss lässt sich problemlos zwei, drei Tage im Kühlschrank lagern oder in Joghurtbechern stückweise sammeln, tiefkühlen und anschliessend in Beutel oder Gläser umfüllen. So behalten Sie den Überblick über die Anzahl. Warum nicht anschliessend Meringues herstellen? Das funktioniert auch mit Eiweiss, das mehrere Monate im TK gelagert wurde. Sie benötigen nicht mal einen Spritzsack. Die Meringues-Masse können Sie einfach auf ein Backpapier streichen. Nach dem Trocknen im Ofen, die Meringue-Tafel in dekorative Stückchen brechen („Alpenpanorama“) und zusammen mit Glace und Schlagrahm servieren. Für einen prächtigen, steifen Eischnee gelten die allgemein bekannten Regeln. Schneebesen/Küchengerät und Gefässe müssen peinlich sauber und fettfrei sein.

Von der Süssspeise zurück an den Herd: Die berühmte spanische Tortilla eignet sich perfekt für die Resteverwertung:Geben Sie etwas gehackte Zwiebeln, Speck, Schinken und Gemüse wie Paprika, Peperoncini, Kräuter und Kartoffeln in eine Pfanne und dünsten Sie das Ganze in Olivenöl etwas an. Knoblauch? Falls Sie ihn mögen, nur zu. Zuvor  pro Person zwei bis drei Eier verklopfen, salzen und pfeffern, bereitstellen.  Anschliessend Eimasse vorsichtig in die Pfanne geben, sachte umrühren. Bei mittlerer Hitze backen, nach drei, vier Minuten auf Platte stürzen und auf diese Weise gewendet erneut für zwei bis drei Minuten  in die Pfanne geben. Ähnlich verfahren Sie mit der italienischen Frittata – allerdings wird diese in der Regel nicht gewendet, sondern langsam auf der Herdplatte oder auch im Ofen fertig gegart. Die Kunst der perfekten Tortilla- und Frittata-Herstellung besteht darin, dass die Eimasse innen noch leicht feucht ist und nicht zu trocken wird. „Baveuse“, sagt man, wenn man von der fachgerecht hergestellten französischen Omelette spricht.

Früchte und Beeren: Eis wie von der Gelateria

Allfällige Reste von Erdbeeren, Himbeeren oder Blaubeeren sollte Sie ohne Aufschub sofort tiefkühlen. Hat sich eine ansehnliche Portion angesammelt, Beeren leicht antauen, mit Puderzucker vermischen und mit dem Stabmixer oder in der Kochstation mixen. Etwas Schlagrahm darunter ziehen – das ergibt Eiscreme von Weltklasse.

 

Was sind Ihre Favoriten? Wie vermeiden Sie Foodwaste? Schreiben Sie uns Ihre Tipps und kommentieren Sie diesen Beitrag im PlusClub!