Partnersuche …

Lilli schaut verliebt auf den Bildschirm ihres Computers.

Dunkelbraune Augen lächeln sie an: «ICH BIN OTTI – ICH SUCHE DICH!»

Lilli holt Otti mit der Lupentaste näher. Sie drückt einen Kuss auf den zarten Schnauzer: «Ach Otti – morgen treffen wir einander live. Ein erster gemeinsamer Spaziergang…»

NOCHMALS EIN SCHMATZER AUF DIE SCHEIBE.

Dann reibt Lilli das kühle Glas wieder klar. Sie ist ein sauberes Mädchen. Eigentlich konnte sie zufrieden sein: zwei prächtige Buben. Drei wunderbare Enkelmädchen. UND 35 EHEJAHRE. NICHT SCHLECHT. ABER GEGEN DAS ENDE HIN ETWAS ABGELUTSCHT.

Jedenfalls: Heini und Lilli hatten sich für einen Neuanfang entschieden. Die beiden wollten einen «dritten Frühling», wie sie es ihren konsternierten
Buben erklärten. Und: «Natürlich feiern wir Weihnachten immer zusammen. Wir sind ja eine Familie …» Die Scheidung verlief problemlos. Und schnell. «Wenn es nur immer so einfach wäre …», hatte die Frau auf dem Meldeamt geseufzt. Und Lilli war fast ein bisschen stolz auf sich gewesen.

DOCH ES KAM EINE GEWISSE LEERE AUF.

Heini schaffte sich zwar sofort ein Wasserbett an, das er auch fleissig füllte. Aber mit 60 war Sex nicht mehr so wichtig. Er bekam Rückenprobleme. Dazu plötzlich eine Fruktose-Allergie. Also besuchte er einen Pilates-Kurs. Stärkte seine Mitte. Und buchte Diät-Koch-Stunden bei Pro Senectute. «Der Opi ist einsam», machten die Enkel ihre Eltern madig. Also wurde Heini zu Nachtessen eingeladen, bei denen ganz zufällig immer eine «frische» Witwe oder die zweifach geschiedene Schwiegermutter seines Sohnes Albert zum Kaffee aufkreuzten.

Einige Male hatte man auch Lilli dazu gebeten. ABER DIESES THEMA WAR GEGESSEN. Die Ex-Partner unterhielten sich wunderbar. Und es war – wie sie allen versicherten – «ein sehr, sehr netter Abend gewesen». ABER DAS WASSERBETT HAT NICHT GESCHAUKELT …

Sowohl Lilli wie auch Heini versuchten es dann über diese Internetportale mit den hüpfenden Logo-Herzen.  Sie meldeten sich unter falschen Namen und Vorzeichen an: etwas leichter, etwas jünger. Beide tippten als HOBBY «Kultur und Lesen» ein. Dies obwohl Lilli immer nur TATORT schaute. Und Heinis ganze Literaturspanne sich seit 40 Jahren auf «Globi in Afrika» beschränkte.

Fast wäre es ein peinlicher Moment geworden, als die «junggebliebene Neustarterin» dem «sportlich-charmanten ‹Clooney 2›» gegenüberstand. Dann haben Heini wie auch Lilli schallend herausgelacht. Es wurde wieder ein «wirklich sehr, sehr netter Abend». Doch auch dieses Mal hat das Wasserbett nicht … ach, ihr wisst schon …

Natürlich wollte die Familie auch «Mutti» verkuppeln. Sie lud diese hin und wieder mit ziemlich baufälligen Rentnern zur Pasta. Doch wenn Lilli die  schlechten Haartoupets oder die schaukelnden «Dritten» der Herren sah, hatte sie immer den Turkey. Und sie war froh, dass man zu diesen Treffen auch immer noch ihren Ex-Alten bat. VERMUTLICH WOLLTE DIE BRUT IHR DAMIT SAGEN: «SCHAU NUR – PAPI IST HALT DOCH DER BESTE!» So was von blöd!

Einmal allerdings hätte es beinahe gefunkt. «Omi, da ist ein Yoga-Lehrer. Er heisst Tim. Und er sieht heiss aus …», so hatten sie die Enkel schon unter der
Türe auf den neuen Gast heiss gemacht. TIM WAR WIRKLICH EIN WURF. Etwas jung zwar. Doch wie er dann Heini so geduldig den «Optimal Bluepoint
» des Anusara-Yogas erklärte und ihren Ex-Mann zum inneren Gleichgewicht brachte … – ALSO DAS WAR ERSTE SAHNE.

Als sie allerdings drei Wochen später ihren Sohn Albert anrief: «Hättest du mir die Telefonnummer von Tim …?», da antwortete der etwas geniert: «… ach der Tim, der wohnt doch jetzt bei Papi!» Immerhin – das Wasserbett war nicht umsonst gekauft. Und dann hatte LILLI ihn im Netz entdeckt: «OTTI –
TREU UND VERSPIELT …»

Sie sah diese Augen. Und sie wusste: Das ist er! Otti machte zwar etwas Wind um seinen adligen Stammbaum. Aber Lilli würde dem Schnauzer schon zeigen,
wer der Mann im Haus war. DIE LEINE HATTE SIE SCHON.

P.S. Weihnachten war die Familie wie versprochen zusammen – samt Yoga-Lehrer Tim und Hund Otti.

MAN MUSS BEZIEHUNGEN NICHT IMMER SO ENG SEHEN …

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