Im 2020 hat der Verkauf von Plug-in-Hybriden in der Schweiz sprunghaft zugenommen. Dank der Batterie fährt man mit ihnen viele Kilometer rein elektrisch, aber weite Ziele erreicht man gleichwohl mit Hilfe des Verbrennungsmotors. Aus Umweltkreisen wurde indes Kritik laut, Plug-in sei nur ein Öko-Feigenblatt. Das ist falsch, aber auch nur, wenn man sich auf die Eigenheiten der Technik einlässt.

VON MARTIN SCHATZMANN

Alternative Antriebe erfreuen sich auch in der Schweiz grosser Beliebtheit und boomen. So wurden im 2019 hierzulande gut 4260 Plug-in-Hybride verkauft, letztes Jahr stieg die Zahl um mehr als das Dreifache, auf satte 14 430 Stück. Und diese Tendenz ist ungebrochen. Dieser steile Anstieg hat neben dem wachsenden Umweltbewusstsein damit zu tun, dass das Angebot massiv erweitert wurde: Noch vor zwei Jahren gab es nicht einen Drittel der heute knapp einhundert erhältlichen Plug-in-Hybride. Das aktuelle Angebot reicht vom kompakten Audi A3 über zahlreiche SUVs bis hin zum Sportcoupé McLaren Artura oder dem luxuriösen Bentley Bentayga (ausführliche Tabelle siehe unten).
Das Spezielle bei Plug-in-Hybriden ist die Kombination aus einem Elektromobil und einem herkömmlichen Auto mit Verbrennungsmotor. Sie erlauben es, kürzere regionale Strecken elektrisch zu fahren, aber wenn man weiter fahren muss, als die Batterie es zulässt, geht es mit dem «normalen» Motor weiter. Bei den meisten Plugin-Hybriden ist der Verbrennungsmotor übrigens ein Benziner, solche mit Diesel bietet aktuell nur Mercedes an.

Voraussetzungen

Doch diese spannende Kombination von zwei Antriebssystemen ist nicht für Jedermann das Richtige. Sein volles Potenzial ausspielen kann ein Plug-in, wenn man mit ihm praktisch nur in seinem näheren Umfeld unterwegs ist und ganz selten weiter als die Batterie-Reichweite fährt, beispielsweise wer in der Region Bern wohnt und arbeitet, aber einmal im Monat zu den Enkeln nach Zürich fährt. Solches wäre zwar heute auch schon mit den meisten Elektromobilen möglich, doch hilft der Plug-in gegen die Reichweitenangst, weil man auch bei leerer Batterie doch einfach weiterfahren kann.
Wie beim Elektromobil muss eine Steckdose vorhanden sein. Zudem braucht es die passende Einstellung, oder auf Neudeutsch, das richtige Mindset, denn man muss gewillt sein, die Steckdose auch zu nutzen. Wer nicht im Sinn hat, das Ladekabel aus der Verpackung zu nehmen und täglich einzusetzen, gibt nur viel Geld für teure Technik aus, fährt viel zusätzliches Gewicht spazieren und verschmäht die gebotenen Vorteile. Doch wer bestrebt ist, den Plug-in vor allem elektrisch und so wenig wie möglich mit Verbrennungsmotor zu fahren, spart bares Treibstoffgeld und senkt effektiv Emissionen.

Getestet

Die Probe aufs Exempel machen wir mit dem Suzuki Across. Der moderne SUV ist Suzukis erster Plug-in-Hybrid und das Resultat aus einer neuen Zusammenarbeit von Suzuki und Toyota. Angetrieben wird der Across von einem Benzin- und zwei Elektromotoren. Die Batterie hat gut 18 kWh Kapazität, was nach der neusten Verbrauchsnorm WLTP für 75 Kilometer elektrisches Fahren reicht. Auch in unserem Praxistest lag dieser Wert zwischen 74 und 82 Kilometern. Über Tage fahren wir regional praktisch immer elektrisch und laden den Across konsequent auf. Nach sechs Tagen und gut 300 Kilometern steuern wir erstmal wieder die Tankstelle an und füllen 5,7 Liter Benzin nach.

Dazwischen hatten wir an fünf Abenden rund 62 kWh Strom geladen. Das kostet uns für Benzin 8,50 Franken und für den Strom rund 13,90 Franken (Natur-Strom ewb Bern). Der Durchschnittsverbrauch beträgt in dieser Phase 1,9 l/100 km und der CO2-Ausstoss 45 g/km. Der Familienbesuch in Zürich bringt hingegen ganz andere Resultate, denn mit gut 270 km Tagesstrecke ist der Benzinanteil viel höher und der Verbrauch steigt deshalb auf 6,1 l/100 km (CO2 145 g/km). Wir tanken bei der Rückkehr gut 16 Liter Benzin (25 Franken) und laden 17,2 kWh Strom (3,90 Franken) nach. Es ist also eminent wichtig, für welche Strecken der Plug-in-Hybrid eingesetzt wird. Durch konsequentes elektrisches fahren spart man Kosten und senkt seinen CO2-Ausstoss. Wer nicht laden will oder oft längere Strecken fährt, nutzt das Potenzial nicht aus – und bestätigt Kritiker, die den Plug-in zum Öko-Feigenblatt degradieren wollen. Auch sind wir vom Across angetan, denn nach den durchzogenen früheren Plug-in-Hybrid-Erfahrungen mit Autos mit weniger als 50 Kilometer Reichweite, versöhnt der Suzuki uns mit der Technik. Daraus leiten wir als Richtwert ab, dass die Reichweite für ungetrübtes, elektrisches Alltagsfahren mit mindestens 55 Kilometer angegeben sein muss, denn bei weniger Reichweite war uns wegen zu geringer Reserven die Lust am elektrischen Fahren rasch vergangen. Nachfolgend haben wir solche «Reichweitenmodelle» speziell markiert.