Wanderung durch die letzten Reste der einst ausgedehnten Feuchtgebiete der Rheinauen. Im Frühjahr ist die grosse Zeit der Amphibien, im Sommer blühen die Riedwiesen und im Herbst lässt sich der Durchzug von Sumpf- und Wasservögeln beobachten.

Von Brigitte Zwahlen

Landschaftsgeschichte
Nach dem Rückzug des Rheingletschers vor rund 10 000 Jahren lag das Gebiet des heutigen Riets noch tief unter Wasser. In den folgenden Jahrtausenden entstand durch Verlandung das Isenriet, eine riesige Sumpflandschaft zwischen Oberriet und Widnau. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Rheinebene bei Altstätten noch stark vom Wasser geprägt. Oft konnten nur zwei bis drei Meter breite Parzellen landwirtschaftlich genutzt werden, offene Wassergräben grenzten die bebaubaren Flächen ein. Die sogenannte «Anbauschlacht» führte zur Melioration und dauerte bis in die 60er-Jahre. Heute sind nur noch kleine Reste der ehemaligen Riedwiesen und Torfstichzonen erhalten. 2001 wurden die ersten Meliorationskanäle revitalisiert. Die monotonen Kanalsohlenplatten sind durch eine Kiesschicht ersetzt worden. Nun weisen die Fliessgewässer einen leicht pendelnden Verlauf mit unterschiedlichen Wasserströmungen und -tiefen auf. Für viele Fische und einige Fliesswässer-Libellen sind sie zu einem neuen Lebensraum geworden.

Ehemalige Lehmgrube
Von der Bushaltestelle «Schulhaus » erreichen wir via Loostrasse das erste Schutzgebiet auf unserer Wanderung, die Eichenwis-Weiher. Am Fusse des Semelenbergs, unter der Ruine Wichenstein, liegen zwei Baggerseen, entstanden dank einer ehemaligen Lehmgrube. Wir folgen dem Veloweg Richtung Altstätten. Im Sommer sind die zwei Weiher des nächsten Schutzgebietes Hilpert hinter Schilf versteckt. Auch hier handelt es sich um alte Lehmgruben.In den Monaten Mai und Juni ertönt zur Abendzeit der Gesang der Frösche.

Nördlich des Naturschutzgebietes Spitzmäder treffen wir auf einen Beobachtungsturm. Er wurde 2003 anlässlich des kantonalen Jubiläumsjahres errichtet. In 13 Metern Höhe geniessen wir eine einmalige Aussicht auf die Rietlandschaft. In Ruhe können von der Plattform aus die angrenzenden Feuchtgebiete, Weiher und Blumenwiesen aus der Vogelperspektive beobachtet werden.

Lebensräume
Das Naturschutzgebiet Bannriet-Spitzmäder («Schollenriet») in den Gemeinden Altstätten und Oberriet umfasst zusammen mit dem Gebiet Burst 58 Hektaren. Ein Grossteil gilt als Flachmoor und Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung. Ohne Unterhalt und Pflege würde das Schollenriet verarmen. Für den Erhalt dieser traditionellen Kulturlandschaft und ihrer typischen Tier- und Pflanzenwelt werden die Streuwiesen ein- bis zweimal jährlich gemäht. Nicht gemäht werden müssen sogenannte Buntbrachen. Sie bieten deshalb Wildtieren ganzjährig Schutz und Deckung. Feldhasen halten sich besonders gerne darin auf. Bunte Blumenwiesen erfreuen nicht nur unser Auge, sie sind auch Lebensraum vieler Insekten. Alle profitieren vom Blütenreichtum, ob Tagfalter, Schwebefliegen, Wildbienen, Käfer oder Wanzen.

Storchennest

Sanfter Torfabbau
Ein langjähriger Kampf war nötig, bis die beiden Gebiete Spitzmäder und Banriet 1995 unter Schutz gestellt werden konnten. Heute wird zwar immer noch Torf gestochen. Dies geschieht aber von Hand und durchaus im Sinne des Naturschutzes. In den entstehenden Torfstichweihern siedeln sich seltene Libellen an. Dank einem kleinen Freiluftmuseum können wir die Geschichte des ehemaligen Torfabbaus mit- und nacherleben. Die elf Kilometer Torfstichgräben werden alle paar Jahre entbuscht oder abschnittweise frisch ausgehoben. Seit 1995 brüten wieder regelmässig ziehende Weissstörche im Gebiet. Ihre Horste befinden sich rund einen halben Kilometer südlich beziehungsweise nördlich des Beobachtungsturms im Windschutzstreifen. Zur Nahrungssuche halten sie sich gerne auf den extensiv genutzten Wiesen mit Wassergräben auf. Auf diesen Wiesen weiden auch Rinder, dank ihnen werden die kleinen Weiher offen gehalten. Ohne Beweidung würden die Ufer mit Röhricht zuwachsen.

Route
Oberriet—Eichenwis—Wichenstein—Hilpert—Spitzmäder—Banriet—Bahnhof Altstätten

Wanderzeit
3 bis 4 Stunden, Keine Höhenunterschiede. Varianten: Im Naturschutzgebiet Schollenriet lässt sich auch gut rundwandern

Karten
Landeskarte 1 : 25 000: Blatt 1096 «Diepoldsau»

Öffentlicher Verkehr
Hinreise: mit Bahn nach Altstätten, Bus bis Oberriet «Sekundarschule» Rückreise: Bahn ab Altstätten

Besonderes
Feldstecher nicht vergessen, Hunde gehören an die Leine.