Aktuell wird viel über die Berufsbildung und die Strategie des Bundes gesprochen. Dazu wurde auch eine Webseite unter www.berufsbildung2030.ch aufgeschaltet. Was geht uns die Berufsbildung mit 50 aber noch an? Wir glauben viel, denn lebenslanges Lernen ist heute lebenslange Bildung.

VON HENRIK STAHEL

Die Berufsbildungsvision 2030 von Bund, Kantonen, Gewerkschaften, Arbeitgeber und Wissenschaftlern ist ein Politikum, klar, aber auch Knackpunkt auf gesellschaftlicher Ebene. Selten sind so viele Parameter einbezogen worden, über die man durchaus auch streiten kann. Gewichtige Trends wie die Digitalisierung sind einerseits bereits messbar, andererseits lassen sie nach wie vor utopische Gedanken aufkommen. Fakt ist, dass eine Deindustrialisierung stattfindet… IT sei Dank. Wer die neuen Technologien nutzt, kommt sicherlich besser voran. Es sind aber weit nicht nur technische Schritte, die die älter und länger produktiv werdende Bevölkerung in Angriff nehmen muss. Umdenken und Adaption der neuen Lehr- und Lernstrukturen sind ein Muss. Und diese Vision betrifft nicht nur die Arbeitswelt, sondern Bildung und Gesellschaft generell. Denn diese und die Wirtschaft verändern sich schnell, und das Berufsbildungssystem und die Gesetzesprozesse sind langwierig.

Eigenverantwortung ist ein Schlüsselwort auf dem (immer längeren) Weg zu Selbstverwirklichung und Zufriedenheit. Die Karriereplanung via lebenslange Bildung erfordert dringend auch neue Bildungsmodelle unter Einbezug jener Faktoren, die uns über die gesamte Lebensspanne begleiten sollen. Die prozessorientierte «Fehlerkultur» beim Weg ans angestrebte Ziel ist nur ein Stichwort, das aufzeigt, wie sich die Sicht auf Bildungsziele im steten Wandel verändert. Die bessere Lösungsorientiertheit bei Gruppen gegenüber Individuen fördert an sich die Idee des «Ameisenstaates» auf Wissensebene. Dennoch sind eigene, eigentlich «alte» Skills wie Sprachen oder das Rechnen immer noch wichtig, um sich zwar einerseits besser auszutauschen, sich andererseits im eigenen Verständnis aber auch besser abgrenzen zu können. Und diese Abgrenzung ist in der heutigen übermedialen Umgebung extrem wichtig geworden. Überblick und Skepsis bewahren uns vor drohender Ohnmacht gegenüber der Informationsflut. Das Handwerk wiederum wird nicht verschwinden, es gewinnt an Bedeutung, da auch die digitalen Komplexe nur durch Hardware betrieben und physisch mit der realen, strukturellen Welt (also «unserer» Welt) in Verbindung stehen.

Innerhalb dieses Rahmens sollen nun Lehrpläne und Bildungskonzepte entstehen. Die heutigen Strukturen müssen kritisch betrachtet und überdacht werden. Die Wirtschaft als Motor der Gesellschaft: sicherlich bis dato richtig, wir wären sonst nicht «Konsumgesellschaft». Wirtschaftstrends sollten aber nicht die einzige Kraft für die gesellschaftliche Entwicklung sein. Wo bleibt denn eigentlich die Spiritualität? Zukunft ist also gut, aber Erwartungen und Anforderungen an die zu Bildenden dürfen nicht übernatürlich werden und sollten dem Menschen ja eigentlich zunehmend mehr entsprechen und entgegenkommen.

Lebenslange Bildung und «alte» Werte wie der Mensch und seine Bedürfnisse sollen vermehrt in den Mittelpunkt rücken. Fact sind sicher dynamischere Berufsbilder. Was man also heute macht und kann, ist übermorgen bereits Schnee von gestern. Nun: dann bleiben wir doch besser mal dran… mit viel Elan!

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