Der Frühsommer lässt sich jetzt nicht mehr aufhalten. Nun kann man Schnittblumen, Kräuter und Beeren pflanzen oder säen und bereits erste Vorkehrungen gegen die Sommertrockenheit treffen.

VON EVELINE DUDDA, AUTORIN VOM HANDBUCH SPRIESSBÜRGER; ILLUSTRATIONEN: DYMPNA DRISCOLL

Zugegeben: Der Anbau von Schnittblumen ist ein wenig aus der Mode gekommen. Das ist schade, denn ein Schnittblumenbeet im eigenen Garten trumpft mit Frische. Man kann die Blumen bereits vor dem Frühstück schneiden, lange bevor man aus dem Haus geht. Viele Schnittblumen sind günstig in der Anschaffung und ergiebig im Ertrag. Abgesehen davon macht es Spass, sich regelmässig selbst mit Blumen zu «beschenken». Ein Beet in der Grösse 1 x 1,2 Meter reicht bereits aus. Wenn man diese Fläche mit 2 bis 3 Kornblumen, 2 bis 3 Bartnelken, 2 bis 3 Skabiosen und 3 bis 4 Zinnien bestückt, bleibt die Vase von Sommer bis Spätherbst nie leer. Der Strauss wird zwar nicht immer gleich dick sein, aber die Blumen werden jede Woche etwas hergeben. Denn diese vier Arten sind pflegeleicht. Sie stellen keine hohen Ansprüche an die Düngung, ein lockerer Boden und ein wenig Kompost (zwei Liter pro Quadratmeter) genügen. Einzig Halt brauchen sie, damit sie nicht um- oder auseinanderfallen. Dafür kann man mit Bambusstecken ein Gerüst anfertigen. Oder man steckt im Abstand von einem halben Meter Pfosten am Beetrand und in der Beetmitte auf und verbindet diese mit Schnüren miteinander, so dass eine Art Gitter entsteht.

Vier Pflanzen für die Vase

Bartnelken Dianthus barbatus blühen meistens erst im zweiten Jahr, wer diesen Sommer ernten will, sollte deshalb Setzlinge kaufen. Wenn man Bartnelken regelmässig schneidet, sobald sich die ersten drei oder vier Einzelblüten geöffnet haben, kann man sie rund drei Monate lang beernten. Gepflanzt werden sie im Abstand von 30 x 30 cm. Kornblumen Centaurea cyanus sät man dagegen besser in Saatschalen oder an Ort und Stelle. So ist man freier bei der Sortenwahl: Es gibt nämlich nicht nur blaue, sondern auch weisse, rosa und fast schwarze Sorten. Wenn die Pflanzen 15 cm hoch sind, sollten sie entspitzt werden. Dabei wird der Mitteltrieb gekappt, um die Seitentriebund Blütenbildung zu fördern. Der ideale Pflanzabstand liegt bei 25 x 30 cm. Die Blüten sollten geschnitten werden, sobald sich die Knospen zu färben beginnen. Bereits aufgeblühte Blüten halten nämlich nicht lange in der Vase.

Die einjährige Scabiose Scabiosa atropurpurea ist dagegen schnitttechnisch sehr flexibel: Man kann sie sowohl mit geschlossener als auch geöffneter Blüte ernten und sogar die Samenstände sind noch attraktiv. Sie kann jetzt gesät oder später gepflanzt werden, der Abstand sollte 35 x 40 cm betragen. Mit dem Auspflanzen der Zinnien Zinnia elegans sollte man dagegen bis nach dem letzten Frost warten. Dafür liefern die Pflanzen bis tief in den Herbst hinein farbenfrohe Blüten. Wer Zinnien sät, sollte die Pflanzen entspitzen, sobald sie die ersten vier Laubblätter haben. Nach dem letzten Frost werden sie im Abstand 30 x 20 cm ins Freie gepflanzt. Geschnitten werden sie, sobald sich die Blüte ganz geöffnet hat, die Mitte aber noch kompakt ist. Zinnien brauchen wenig Wasser, im heissen, trockenen Sommer 2018 blühten die Zinnien bei mir unermüdlich, obwohl sie nur einmal im Monat gegossen wurden.

Bärlauch ohne Risiko

Bärlauch holt Energie aus dem Untergrund: Die Wurzeln
sollten mindestens 20 cm tief in der Erde stehen.

Aber noch ist die Sommerhitze fern. Jetzt liegt in manchen Wäldern erst einmal Bärlauchduft in der Luft. Wer sich auskennt, kann sich in der freien Natur mit dem Würzkraut eindecken. Wer sich nicht auskennt, lässt besser die Finger davon. Die Blätter der «Maieriesli», also Maiglöcken, sehen nämlich ähnlich aus. Sie wachsen oft an ähnlichen Stellen, haben aber eine ganz andere Wirkung: Sie sind hochgiftig! Der Unterschied lässt sich zwar erriechen, Bärlauch hat diesen typischen, knoblauchartigen Geruch. Aber wenn man ein paar echte Bärlauch-Blätter in der Hand hatte, weiss man irgendwann nicht mehr genau, ob man nun den Geruch der Blätter oder der Finger wahrnimmt. Die Verwechslungsgefahr können Sie umgehen, wenn Sie Bärlauch in den Garten pflanzen. Natürlich nur an Stellen, an denen keine Maieriesli wachsen … Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Bärlauch kann jederzeit frisch geerntet werden. Manche Gartencenter führen Bärlauchsetzlinge im Sortiment. Wenn Sie nicht fündig werden, hilft allenfalls die Suche nach einer auf Kräuter spezialisierten Gärtnerei. Theoretisch kann man Bärlauch auch am Naturstandort ausgraben und zuhause einpflanzen. Das sollte man aber nur tun, wenn es am Naturstandort ausserordentlich viele Pflanzen hat und er nicht in einem Naturschutzgebiet liegt. Beim Pflanzen ist wichtig, dass die länglichen Wurzelknollen mindestens 20, besser sogar 30 cm tief in die Erde kommen. Wer Bärlauch in einen Kübel pflanzen will, sollte deshalb unbedingt auf eine ausreichende Höhe achten. Die ersten zwei Jahre erntet man am besten nur ein Blatt pro Pflanze, so bleibt ihr genug Kraft, sich zu vermehren. Das tut sie übrigens üppig – was man bei der Standortwahl berücksichtigen sollte. Pflanzen Sie Bärlauch unter Bäume oder Sträucher, die im Frühling kein Laub haben. Und wählen Sie einen eher feuchten Standort, trockene Standorte mag der Bärlauch nämlich nicht. Ansonsten ist er zufrieden, wenn er früh im Jahr Sonne bekommt, der Rest des  Jahres kümmert ihn nicht.

Wollschal für Tomaten

Nichts schützt die Erde besser vor Austrocknung als eine
Decke aus roher, unbehandelter Schafwolle

Das kann man von Tomaten nicht behaupten: Sie mögen Sonne ohne Ende. Doch wo Sonne ist, ist auch Schatten, oder vielmehr: Trockenheit. Gerade bei Topfkulturen kann es passieren, dass die Erde, wenn sie zu stark austrocknet, nicht einmal mehr das Giesswasser schlucken kann. Eine Möglichkeit, die Wasserspeicherkapazität der Erde zu verbessern, ist eine Mulchdecke aus roher Schafwolle. Wolle kann das dreifache Eigengewicht an Wasser aufnehmen. Hundert Gramm Schafwolle speichern also bis zu drei Deziliter Wasser – das ist ein Drittel des Tagesbedarfs. Die Wolle gibt dieses Wasser langsam wieder ab, es steht der Pflanze also später wieder zur Verfügung. Die Wolldecke verhindert zudem, dass Wasser an der Erdoberfläche verdunstet. Schafhalter geben noch so gerne Schmutzwolle ab, da sie diese nicht verkaufen können. Wer keinen Schafhalter kennt, kann unter www.vomhof.ch nach Höfen in der Region suchen, welche Lammfleisch vermarkten, dort fällt die Wolle als Nebenprodukt an. Wer auf diese Weise nicht fündig wird, kann zur Not auch einen alten Wollschal nehmen – er sollte aus reiner Wolle bestehen und nicht aus Synthetikfasern, da sich das Material beim dauerhaften Kontakt mit der Erde langsam zersetzt. Und wir wollen die Tomaten ja nicht mit Kunststofffasern füttern … Eine Begleiterscheinung will ich allerdings nicht verschweigen: Nasse Schafwolle riecht nach Schaf, sie «schäfelet». Auf Wühlmäuse hat dieser Geruch eine abschreckende Wirkung. Mitunter vertreibt er auch ein paar Gäste vom Sitzplatz neben den Tomatentöpfen. Aber keine Angst: Der Geruch ist nicht von Dauer. Wenn die Wolle ein paar Mal durchnässt wurde, lässt er deutlich nach.

Aug in Aug mit Erdbeeren

Die Ernte auf Kopfhöhe ist bequem und anmächelig. Und sie ist zum Nachteil der Schnecken.

Wenn Sie von der Schafwolle noch etwas übrighaben, können Sie diese zuunterst in eine Hängeampel geben und diese mit Erdbeeren bepflanzen. Schafwolle ist nämlich ein hervorragender Langzeitdünger, wenn sie in die Erde eingearbeitet wurde. Sie zersetzt sich langsam und gibt kontinuierlich kleine Mengen Nährstoffe ab. Der Erdbeeranbau in der Hängeampel oder einem «hanging basket» hat zwei Vorteile: Die Früchte sind immer auf Augen-, Nasen- und Mundhöhe, was den Gluscht erhöht. Und sie werden nicht von Schnecken angeknabbert (es sei denn, die Schnecken wurden mit der Erde eingeführt). Als Hängeerdbeeren eignen sich in erster Linie «dauertragende » Sorten. Im Unterschied zu «einmaltragenden» Sorten bilden sie das ganze Jahr hindurch einzelne Früchte. Einmaltragende Sorten fruchten dagegen nur einmal im Jahr, dafür dann aber richtig viel. Bei den dauertragenden Sorten spielt der Pflanzzeitpunkt keine Rolle, sie können das ganze Jahr hindurch gepflanzt werden. Im Handel werden dauertragende Sorten manchmal als Topferdbeeren, Klettererdbeeren, Hängeerdbeeren etc. angepriesen, für eine Hängeampel- oder Topfbepflanzung eignen sich alle gleich gut. Wichtig ist nur, dass beim Einpflanzen das Herz nicht ganz verschüttet wird und dass normale Gemüseerde verwendet wird.

Eine Hängeampel auf Augenhöhe bietet sich auch für Zier-Erdbeeren an. Das sind Sorten, denen man die Verwandtschaft mit den Rosengewächsen ansieht. Rosablühende Sorten wirken besonders schön, allerdings geht diese Schönheit vollständig zu Lasten des Geschmacks. Auch wenn es aussieht wie eine  Gartenerdbeere, handelt es sich dabei um ein Kreuzungsprodukt aus Gartenerdbeere und Sumpf-Blutauge. Die Beeren sind zwar essbar – schmecken aber  nicht. Sie müssen deshalb vorher entscheiden, wollen Sie vor allem Aroma oder Schönheit? Beides ist möglich, nur nicht gleichzeitig.