Ferien im eigenen Chalet in den Alpen oder in der eigenen Wohnung am Meer. Während Jahrzehnten war dies das Nonplusultra für den bürgerlichen Mittelstand. Doch aktuell harzt’s am Markt für Ferienwohnungen. Werden sie sogar zu Ladenhütern?

VON FREDY GILGEN

Leben, wo es am schönsten ist. Ein Traum nicht nur von Gutbetuchten, sondern auch von vielen Mittelständlern. Weihnachten und Neujahr mit der Familie im eigenen Chalet oder in der eigenen Ferienwohnung zu verbringen, was für ein tolles Gefühl.

Während langer Zeit war dies für die Babyboomer-Generation ein durchaus erfüllbarer Traum und lange auch eine gute Investition, wie eine Studie der Grossbank UBS zeigt. Demnach sind die Ferienwohnungspreise im Durchschnitt aller schweizerischen alpinen Feriendestinationen seit 2006 um 60 Prozent gestiegen. «Und es gibt keine Destination, in der die Preise gesunken sind», unterstreicht UBS-Ökonom Maciej Skoczek. Nur in Leukerbad und Disentis hätten sie stagniert. Am
raschesten gestiegen sind sie in Andermatt. Dort hat sich das Preisniveau mehr als verdoppelt. Dank dem milliardenschweren Engagement des ägyptischen Investors Samih Sawiris.

Doch nun scheint das Ende der Fahnenstange erreicht: Vor allem in vielen Walliser Destinationen sind die Preise seit fünf Jahren merklich rückläufig. So in Ovronnaz, Evolène und Nendaz. Gestiegen sind in diesen Orten nur die Leerstände. Und insgesamt liegt das Immobilienpreisniveau in den Schweizer Alpendestinationen noch auf demselben Niveau wie vor fünf Jahren. Derweilen sind die Preise in den österreichischen und französischen Alpen mit zweistelligen Raten gestiegen.

Wer da hat, dem wird gegeben
Das aktuelle Preisniveau in der Schweiz ist allerdings gewiss hoch genug. Über alle Gemeinden, Grössen und Komfortsegmente hinweg beläuft sich der Durchschnittspreis für ein Ferienobjekt in unserem Land mittlerweile auf rund eine Million Franken. Deutlich zu viel für die meisten Eidgenossen, aber ein Klacks für die wirklich gut Betuchten. Im Luxussegment reicht eine Million gerademal für ein Zimmer von 30 Quadratmetern. Doch die durchschnittliche Wohnfläche beträgt hier imposante 480 Quadratmeter. Und die Durchschnittspreise pro Quadratmeter betragen in Gstaad und in St. Moritz rund 33 500 Franken, in Verbier sind es 26 500 Franken und in Zermatt 19 100 Franken. Im Luxussegment ist der Preis offensichtlich nebensächlich.

Klar zu beobachten ist eine immer ausgeprägtere Scherenbewegung zwischen den Topdestinationen und dem Rest der Schweiz. Weiter aufwärts geht es nach Beobachtungen von UBS-Experte Skoczek nur noch dort, wo die Preise schon hoch sind. Ähnliche Feststellungen macht Thomas Rieder, Immobilienspezialist der Credit Suisse: «Die Preisentwicklung in den touristischen Regionen ist hinter der Preisentwicklung von Wohneigentum in der Schweiz zurückgeblieben. Eine Ausnahme sind die Topdestinationen.»

Preise werden künftig stagnieren
«Auf breiter Front erwarten wir in den Schweizer Alpendestinationen künftig kaum noch Preissteigerungen», erklärt Skoczek. «In den nächsten Quartalen dürften die Preise für Zweitwohnungen eher stagnieren. Die wichtigsten Bremsfaktoren: Die konjunkturelle Verlangsamung und der immer noch starke Franken. Preisdämpfend hat sich auch das veränderte Ferienverhalten der jungen Generation ausgewirkt, die vor allem Abwechslung sucht und Kurzferien im Ausland bevorzugt. Das Interesse an hiesigen Ferienwohnungen ist deshalb merklich zurückgegangen. Schliesslich senkt auch das Aufkommen von Onlineportalen zur Vermietung von Ferienwohnungen die Nachfrage nach Ferienwohnungen im Eigentum. Vor allem für ältere Objekte, die sich in Mehrfamilienhäusern mit Sanierungsbedarf befinden, ist kaum mehr Nachfrage vorhanden.

Das Immobiliendienstleistungsunternehmen Iazi verweist zusätzlich auf die Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative von 2012: «Seither sind die Preise merklich unter Druck geraten und die Nachfrage hat sich stark abgeschwächt.» Die Folge: In den alpinen Regionen der Schweiz beträgt die durchschnittliche Leerstandsquote etwa 3 Prozent. Das ist fast doppelt so viel wie im schweizerischen Landesdurchschnitt. «Auch langfristig gesehen ist auf dem Zweitwohnungsmarkt in den Alpen eine schwächere Entwicklung zu erwarten als auf dem Schweizer Gesamtmarkt», sagt UBS-Experte Maciej Skoczek. Die möglichen Renditen werden im Durchschnitt aller Alpendestinationen tiefer liegen als im Durchschnitt der grössten Schweizer Städte und sie werden auch volatiler bleiben. Etwas optimistischer ist CS-Experte Thomas Rieder. Er sieht doch bereits einige Zeichen für eine Erholung des Marktes.

Zweitwohnungen sind keine Wertanlage
Doch so oder so, Zweitwohnungen sind selten ideale Anlageobjekte. Da die Mietwohnungsmärkte in den hiesigen Feriendestinationen eine relativ untergeordnete Rolle spielen, könnten Renditen eher durch eine kurzfristige Vermietung erzielt werden. Dies über Buchungsplattformen wie Airbnb. Überdurchschnittliche Mieteinnahmen lassen sich nach Skoczek aber nur an Standorten mit besonderer touristischer Anziehungskraft erzielen, etwa in Engelberg, Zermatt oder in der Jungfrau Region sowie während der Winterhauptsaison. Aber auch da sind die Unterhaltskosten nicht zu unterschätzen. Sie fressen schnell einen Grossteil der Mieteinnahmen wieder weg.

Fazit: Die Ferienwohnungen werden insgesamt weiter an Attraktivität verlieren. Mehr noch als bei Erstwohnungen müssen Ferienwohnungen primär als Konsumgut und nicht als Investition angesehen werden.