Kein Balkon zu klein, ein Gemüsegarten zu sein. Ein Sichtschutz aus Bohnen ist so dekorativ wie ertragreich. Weil er die Vertikale nutzt, braucht er nur wenig Platz.

VON EVELINE DUDDA, AUTORIN VOM HANDBUCH «SPRIESSBÜRGER»; ILLUSTRATIONEN: DYMPNA DRISCOLL

Wer bei Kletterpflanzen nur an Zierpflanzen denkt, denkt zu kurz. An kühleren Lagen, auf der Ost- und Westseite eines Hauses sowie im Halbschatten können Feuerbohnen Phaseolus coccineus Sitzplätze in hübsche und ertragreiche Lauben verwandeln. Auf dem Südbalkon oder einer südseitig ausgerichteten Terrasse übernehmen Helmbohnen Lablab purpureus diesen Job. Sie kommen erst dann so richtig in Fahrt, wenn es den Feuerbohnen bereits zu heiss ist. Ihre pink- bis purpurfarbenen Blüten verströmen von Juni bis September einen zarten, angenehmen Duft. Helmbohnen-Saatgut bekommt man nur in grösseren Gartencentern oder beim Online-Samenhandel, Feuerbohnen sind fast überall erhältlich. Um die Zeit bis zur Ernte zu verkürzen, zieht man die Pflanzen am besten auf dem Fenstersims vor. Man füllt Neun-Zentimeter-Töpfe mit nährstoffarmer Kräutererde, versenkt darin daumentief jeweils zwei bis drei Bohnenkerne und steckt einen kurzen Bambusstecken oder Schaschlikspiess für die ersten Kletterversuche in die Topfmitte. Sobald der Flieder verblüht und folglich keine Nachtfröste mehr zu erwarten sind – zwischen Ende April und Anfang Juni –, pflanzt man vier bis sechs dieser Setzlinge in einen grossen Topf (mindestens 40 Liter) und stellt ihn ins Freie. Den Topf befüllt man zuvor mit einem Gemisch aus Kräutererde und maximal einem Drittel reifen Kompost. Nun brauchen die Pflanzen nur noch ein Rankgerüst oder Schnüre, an denen sie emporhangeln können. Bei Feuerbohnen herrscht übrigens strikter Rechtsverkehr. Wenn man die Pflanzen von oben betrachtet, winden sie sich im Uhrzeigersinn. Helmbohnen wachsen genauso stur in die Gegenrichtung, sie sind Linkswinder.

Impfen statt düngen

Bohnen sind teilweise «Selbstversorger ». Sie leben in Symbiose mit Knöllchenbakterien, welche Luftstickstoff binden, von dem sie als Dank für Kost und Logis den Bohnen etwas abgeben. In gekaufter Erde kommen diese Knöllchenbakterien erst mal nicht vor, weshalb  die Stickstofffabrik im Topf nur langsam auf Touren kommt. Wer ein Gartenbeet hat, in dem in den letzten Jahren Bohnen angebaut wurden, kann die Topferde mit dieser Erde impfen. Ansonsten gleicht man das Manko einfach mit ein wenig mehr Kompost aus. Aber ja nicht mit Stickstoff düngen, weil die Pflanzen sonst (blüh-)faul werden!

Wer sich dauerhaft an den hübschen Blüten der Kletterer erfreuen will, muss verhindern, dass die Bohnenkerne ausreifen. Das geht am einfachsten, indem fleissig geerntet wird. Helmbohnen erntet man, sobald die Kerne ansatzweise sichtbar sind und verwendet sie wie Kefen. Auch die Blüten können in der Küche zum Einsatz kommen. Bei Feuerbohnen kann man mit der Ernte zuwarten, bis die Kerne spürbar sind. Überreife, kranke oder krumme Bohnen sollte man ebenfalls pflücken und notfalls kompostieren, weil die Bohnen sonst ihre Mission – nämlich sich zu vermehren – als erfüllt ansehen und keine neue Blüten mehr bilden.

Überwintern wie Geranien

Die Erde sollte bei den Feuerbohnen nie ganz austrocknen. Die sonnenanbetenden Helmbohnen stört Trockenheit weniger, sie vertragen  nur keine Staunässe. Beide Bohnenarten sind zwar mehrjährig, aber nicht frosthart. Man kann sie überwintern, wenn man das Kraut vor dem ersten Frost eine Faust hoch über dem Boden abschneidet und die Pflanzkübel frostfrei im Keller lagert. Im nächsten Jahr können sie dann wie Geranien wieder langsam ans Licht gewöhnt und nach den letzten Frösten ins Freie gebracht werden.