An einem romantischen Strand vor sich hin träumen, durch eine sonnige Berglandschaft wandern, schön gebräunt im Strassencafé den Alltag geniessen: Das ist echtes Sommergefühl. Zu viel Sonne kann aber lebensgefährlich sein. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Reinhard Dummer von der dermatologischen Klinik des Zürcher Universitätsspitals.

Interview von Kurt Aeschbacher

50plus: Der Sommer lockt, die Badesaison startet, es zieht uns nach draussen. Auf was muss man achten, um seine Haut zu schützen?
Prof. Dummer: Aktivitäten im Freien sind wichtig für Körper und Geist. Schwimmen, Laufen, Tennis, Golf und andere Sportarten werden immer beliebter. Insbesondere um die Mittagszeit sind diese Aktivitäten jedoch mit hoher UV-Belastung verbunden und die UV-Strahlung ist der wichtigste Auslöser für Hautalterung und Hautkrebs. Deshalb ist es sehr wichtig, sich bei diesen Aktivitäten entsprechend zu schützen. UV-geprüfte Kleidung, ein eleganter Hut mit einer weiten Krempe oder eine Kappe mit Nackenschutz, eine gute Sonnenbrille und ein modernes Lichtschutzprodukt sind dazu nötig.

Wie viel Sonne pro Tag ist noch gesund, wann wird’s gefährlich?
Beim Sonnenlicht ist vor allem der Anteil der UV-Strahlung für die Haut gefährlich. Gesund ist nur eine minimale UV-Einstrahlung auf die Haut, wie sie sogar nach der Anwendung von Lichtschutzmitteln mit hohem Lichtschutzfaktor noch erreicht wird. Unbedingt zu vermeiden ist ein Sonnenbrand.

Verzeiht uns die Haut einen Sonnenbrand?
Ein Sonnenbrand ist eine schwere Schädigung der Haut, die zu einer Entzündung im ganzen Körper führt. Im Rahmen der Sonnenbrandreaktion werden zahlreiche geschädigte Hautzellen in den Zelltod getrieben und die Haut muss sich intensiv reparieren. Dazu ist sie mit einer ganzen Reihe von intelligenten Reparatursystemen ausgestattet. Ein einziger Sonnenbrand per se ist sicherlich nicht gefährlich. Im Zusammenhang mit der unvermeidlichen täglichen UVBelastung ist ein Sonnenbrand jedoch bereits einer zu viel.

Was sind die Konsequenzen? Wie reagiert die Haut langfristig auf zu viel Sonne?
Die lichtgeschädigte Haut zeichnet sich aus, durch eine unregelmässige Verhornung, durch ungleichmässige Farbstoffverteilung mit hellen Flecken sowie dunklen Flecken, wie den sogenannten Altersflecken. Die Oberhaut ist abgeflacht und in der Lederhaut sind die elastischen Fasern schwer geschädigt, sodass es zur Faltenbildung kommt. Diese lichtgeschädigte Haut ist auch weniger stabil bezüglich schädlichen Einflüssen von aussen, wie Infektionen oder chemischen Reizen. Ausserdem kommt es vermehrt zur Entstehung von Hautkrebserkrankungen.

Wie erkennt man eine sonnengeschädigte Haut?
Es finden sich viele Altersflecken, aber auch Areale mit wenig Farbstoff. Die Haut erscheint dünn mit dem Aspekt von Zigarettenpapier, sie ist weniger elastisch und zeigt Falten.

Sind diese Schäden reparabel?
Eine Lichtschädigung der Haut kann nur bedingt verbessert werden. Die kosmetische Industrie und die Dermatologen haben hier verschiedene Ansätze verfolgt. Sicher ist jedoch: Vorbeugen ist besser als korrigieren. Nicht zu reparieren sind jedoch die durch UV-Strahlung bedingten Veränderungen an der Erbsubstanz der Hautzellen, die langfristig zu Hautkrebs führen. Die Haut ist das Organ, das am häufigsten durch eine Krebskrankheit befallen wird.

Wie erkennt man einen Hautkrebs. Gibt es klare Hinweise, die man selber diagnostizieren kann?
Für den Laien ist es sicherlich nicht einfach, Hautkrebs zu erkennen, insbesondere deshalb, weil wir durchschnittlich mindestens 20–40 gutartige Hautveränderungen haben. Zwei Regeln lassen sich jedoch auf alle Hautkrebserkrankungen, sowohl weissen als auch schwarzen Hautkrebs anwenden.

  1. Was tanzt aus der Reihe? Wenn auf Ihrem Handrücken 20 ähnliche hellbraune Flecken sind, handelt es sich um Altersflecken. Entsteht ein neuer Fleck, der anders aussieht, ist dieser zu beobachten.
  2. Alles, was sich schnell verändert, zum Beispiel juckt, blutet, die Farbe wechselt, ist hautkrebsverdächtig.

Hilfreich sind auch Webpages wie www.skincancer.ch. Hier findet man ein Lernprogramm, wo gutartig pigmentierte Hautveränderungen dem schwarzen Hautkrebs (Melanom) gegenübergestellt sind. Umfangreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass visuelles Lernen dazu beiträgt, Hautkrebs früher zu erkennen.

Wann soll man unbedingt einen Dermatologen aufsuchen?
Ist eine Hautveränderung neu entstanden und weist Alarmsignale wie Jucken, Blutung, Farbveränderung auf, sollte man die Hautveränderung einem Arzt bzw. einem Hautfacharzt zeigen.

Wie unterscheidet sich der weisse vom schwarzen Hautkrebs?
Unter weissem Hautkrebs versteht man bösartige Hautveränderungen die von den hornbildenden Zellen der Haut ausgehen. Unter schwarzem Hautkrebs versteht man bösartige Hautveränderungen, die von farbstoffbildenden Zellen der Haut (Melanozyten) ausgehen. Deshalb ist der schwarze Hautkrebs dunkel. Verkompliziert wird das Ganze jedoch dadurch, dass es seltene Unterformen des schwarzen Hautkrebses gibt, die kein Pigment bilden und deshalb auch rötlich/weisslich erscheinen.

Wie gefährlich sind diese beiden Krebsarten?
Verschiedene Hautkrebsformen können gefährlich werden, indem sie Ableger in inneren Organen bilden, sogenannte Metastasen. Beim weissen Hautkrebs ist es jedoch glücklicherweise viel seltener der Fall als beim schwarzen Hautkrebs, dem sogenannten Melanom. Deshalb ist diese Krebsart sehr gefährlich und wird von den Dermatologen besonders intensiv untersucht.

Welche Behandlungsmethoden werden beim weissen Hautkrebs angewandt?
Die operative Entfernung im Rahmen eines Eingriffes, der in der Regel sogar in örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann, ist die wichtigste Behandlungsmethode, sowohl beim weissen als auch beim schwarzen Hautkrebs. Diese Behandlung ermöglicht es, die klinische Diagnose auf feingeweblicher Ebene zu bestätigen. Aus dem untersuchten Gewebe können dann auch Informationen gewonnen werden, wie gefährlich der jeweilige Hautkrebs ist und welche Nachsorgemassnahmen empfehlenswert sind. Beim grossflächigen Befall durch weissen Hautkrebs gibt es eine ganze Reihe von anderen medikamentösen Behandlungsmethoden in Form von Licht und Creme sowie Röntgenweichstrahltherapie.

Was ist bei einem Melanom vorzukehren?
In der Schweiz sind die meisten Melanome, die diagnostiziert werden, dünn, das heisst sie wachsen weniger als 1 mm in die Haut ein. In diesen Situationen können mehr als 90 Prozent der Patienten geheilt werden. Hat ein Patient ein Melanom entwickelt, kann sich auch später ein zweites Melanom entwickeln, daher sind regelmässige Kontrolluntersuchungen der äusseren Haut anzuraten. Falls diese seltene Situation eines dicken Melanoms vorliegt, muss noch nach Metastasen (Ableger in den inneren Organen) untersucht werden.

Wo liegt die Gefahr bei einem schwarzen Melanom?
Ableger in inneren Organen können die Funktion beeinträchtigen und je nach Grösse den Körper schwer schädigen und letztendlich zum Tod führen, wie das leider bei anderen Krebskrankheiten auch beobachtet werden muss.

Wie gross ist die Gefahr, daran zu sterben?
Glücklicherweise stirbt nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Hautkrebspatienten an der Erkrankung, und die meisten Hautkrebserkrankungen können durch eine einfache Operation oder andere Therapieansätze, wie Kältetherapie, Bestrahlungstherapie, geheilt werden. Besonders gefährlich ist der schwarze Hautkrebs (Melanom), insbesondere wenn er mehr als 1 mm in die Haut eingewachsen ist. An dieser Krankheit sterben zurzeit ca. 350 Patienten in der Schweiz pro Jahr.

Welche Heilungsmethoden sind mit dem heutigen Wissen am erfolgversprechendsten?
Die Behandlungsmöglichkeiten für Frühformen von Hautkrebs haben sich wesentlich verbessert. Wie zum Beispiel durch die Anwendung von Cremen und Lösungen, die direkt auf die Haut aufgetragen werden und verlässlich sowie schnell zum Rückgang von Hautkrebsvorstufen führen. Bei der Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms wurden beachtliche Fortschritte erzielt: mit der Einführung von Behandlungen, die das Immunsystem stärken, und sogenannten zielgerichteten Medikamenten, die auf krebsspezifische Veränderungen im Erbgut abzielen.

Warum gibt es in der Schweizpro Kopf so viele Hautkrebspatienten?
Für den schwarzen Hautkrebs ist die Häufigkeit in der Schweiz europaweit führend. Als mögliche Ursachen kommen in Frage: der hohe Lebensstandard, der mit vielen Fernreisen in sonnigen Gebieten verbunden ist. Die Alterspyramide, da Hautkrebs im höheren Lebensalter beobachtet wird, sowie die intensive UV-Bestrahlung in den Bergen.

Noch eine allgemeine Frage zum Schluss: Wie pflegt man im Alltag seine Haut am besten, was braucht es an Produkten?
Unter normalen Bedingungen braucht die gut funktionierende Haut mit einer normalen Talkproduktion praktisch keine Pflege. Wichtig ist es, stark entfettende Massnahmen wie sehr heisses Duschen mit scharfer Seife zu vermeiden, die den Schutzfilm der Haut beeinträchtigen können. Ein Lichtschutzmittel ist notwendig und sollte dem Fettgehalt der Haut angepasst sein (Creme bei trockener Haut, ansonsten Gel oder Lotion). Nur Patienten, die eine Neigung zu Neurodermitis haben, benötigen täglich rückfettende Hautpflegeprodukte.

Die wichtigsten Tipps des Spezialisten:

  1. Die Siesta («Mittagsschlaf») ist die sicherste und wirksamste Lichtschutzmassnahme.
  2. Ein eleganter Hut und eine grossflächige Sonnenbrille sind gut für das Aussehen und ein wirksamer UV-Schutz.
  3. Lichtundurchlässige Kleidung auch am Strand tragen.
  4. Lichtschutzmittel sollten einen hohen UVB aber auch einen hohen UVA-Schutz beinhalten und damit das gesamte Spektrum der UV-Strahlen abdecken.
  5. Kinderhaut ist besonders empfindlich, da in den ersten Lebensjahren die natürlichen Schutzmechanismen noch nicht vollständig entwickelt sind. Die Haut von Kindern ist heller und dünner als diejenige der Erwachsenen. Deshalb benötigen Kinder einen besonders guten Sonnenschutz.

Die Krebsliga hat dazu einen Prospekt und umfassende Informationen erarbeitet (www.krebsliga.ch/sonnenschutz).

 

Prof. Dr. Reinhard Dummer

Prof. Dr. Reinhard Dummer ist stellvertretender Klinikdirektor und leitender Arzt der dermatologischen Klinik des Zürcher Universitätsspitals. Sie ist die grösste Einrichtung ihrer Art in der Schweiz und beherbergt heute vier Stationen mit 45 stationären und sechs teilstationären Betten, eine ambulante Allergiestation, sowie eine dermatologische Poliklinik, und verschiedene Spezialsprechstunden mit 85000 Konsultationen pro Jahr.