Dass sich die Beziehung zum Auto über die Jahre verändert hat, zeigt sich an Hand neuer Besitzmodelle. Eine dieser Veränderungen war beispielsweise das Carsharing – und nun gibt es auch das Auto-Abo. Der Pionier Carvolution aus Bannwil hat dieser neuen Form zum Durchbruch verholfen.
VON MARTIN SCHATZMANN
Mit der Barzahlung, den Finanzierungsmodellen von Raten und Leasing, aber auch mit Miete und Carsharing, bestehen viele Möglichkeiten, die zum Autofahren verhelfen. Abgesehen von vielen Speziallösungen im Zuge des Coronavirus gilt als jüngster Clou das Auto-Abonnement, welches erst seit gut zwei Jahren bei uns ein Thema ist und bei dem das Start-up Carvolution aus dem oberaargauischen Bannwil die Vorreiterrolle spielte. Was das Abo ausmacht und für wen es interessant sein könnte, versuchen wir nachfolgend aufzuzeigen.
Das Auto-Abo ist Teil des sich verändernden Mobilitätsverhaltens. Dabei verzichtet vor allem die jüngere Generation vermehrt auf den Besitz, möchte aber, wenn benötigt, ungehindert von Möglichkeiten der Mobilität Gebrauch machen. Ein Beispiel dafür sind öffentliche Mietvelos (PubliBike, Nextbike, Rent-a-Bike etc.). Man besitzt das Velo nicht, sondern nutzt es nur und bezahlt den eigentlichen Gebrauch. Ähnlich neuartig ist im übertragenen Sinn auch das Auto-Abo, und es wandeln sich damit viele grundsätzliche Aspekte des Autofahrens. Unverändert allerdings bleibt, dass beim Abo der Wagen auf den Fahrer zugelassen wird, Mietwagennummern mit AI- oder VD-Kantonsschildern sind kein Thema.
Flexibilität ist planbar
Das Abo lässt sich auf zwei Schlagworte reduzieren, auf «flexibel» und «kostentransparent». So bringt das Abonnement eine neue Unabhängigkeit für Leute, die täglich auf ein Auto angewiesen sind und sich daher nicht mit der Kurzfristigkeit von Carsharing oder Miete begnügen können. Ganz überspitzt gesagt kann man mit dem Abonnement im Winter mit einem SUV in die Berge fahren und im Sommer fürs genüssliche Sonnencruisen aufs Cabriolet wechseln. Und wenn man dann den Wagen nicht mehr braucht, gibt man ihn zurück und die Monatszahlungen enden.
Wichtig bei diesem Geschäftsmodell ist jedoch die Mindestlaufzeit, während der man ans Auto gebunden ist; auch Abo-Anbieter müssen etwas Planen können. Diese Mindestlaufzeit startet bei Carvolution bei drei Monaten, liegt aber je nach Anbieter zwischen einem und zwölf Monaten. Nach deren Ende ist der Ausstieg aus dem Abo und damit auch ein Autowechsel (vom SUV aufs Cabrio) innert 30 Tagen immer möglich. Allerdings ist dort, wo man hohe Flexibilität wählen kann, diese nicht gratis: Eine kürzere Mindestlaufzeit erhöht den Abo-Preis. Zudem gibt es beim Abo kein Ablaufdatum – man fährt nach der Mindestlaufzeit solange man will. Beim Leasing kann später an der Laufzeit nicht mehr geschraubt werden, sowohl eine frühzeitige Vertragsauflösung als auch eine längere Nutzung sind nicht möglich.
Trotzdem nicht teuer
Beim Autofahren wird oft vergessen, dass viele Faktoren die Kosten in die Höhe treiben und weit über Anschaffung oder Leasingrate hinausgehen. Abgesehen vom Tanken sind das Versicherung, Verkehrssteuer, Autobahnvignette, Reifen, Reifenlagerung, Service und Unterhalt; von Reparaturen ganz zu schweigen. Beim Leasing kommen noch die Anzahlung und bei Vertragsende teilweise stolze Nachzahlungen dazu und verkomplizieren den Kostendurchblick.
Einfacher geht es beim Abo. In Abhängigkeit von wenigen Rahmenbedingungen bezahlt man einen monatlichen Fixpreis, der alle Faktoren einschliesst, ausser Tanken und Parkieren. Ein Beispiel: Die Abo-Monatsrate von Carvolution für einen Seat Ibiza im Kanton Zürich liegt bei 453 Franken, mit jährlich 20 000 km und wenn der Wagen mindestens drei Jahre behalten wird. Wer jedoch flexibler sein will, um bereits nach 12 Monaten bei Bedarf aus dem Abo aussteigen zu können (Stichwort: Mindestlaufzeit), für den erhöht sich der Monatspreis des Seat auf 500 Franken. Zum Vergleich: Der gleiche Seat geleast (3 Jahre, 20 000 km/Jahr) hat eine Leasingrate von 254 Franken, und rechnet man Versicherung, Steuern, Reifen etc. mit ein, steigt der Monatspreis auf 461 Franken. Ähnlich sieht es bei einem VW Tiguan aus, der im Abo mit 847 Franken pro Monat zu Buche schlägt, im Leasing komplett mit 1039 Franken. Übrigens bestätigte auch das Vergleichsportal Comparis erst im Januar die finanzielle Attraktivität des
Abonnements gegenüber dem Leasing.
Der alltägliche Umgang mit dem Wagen wird zudem vereinfacht, weil man über die ganze Abo-Dauer nur noch einen Ansprechpartner hat. So organisieren die Bannwiler den Servicetermin in der Garage, den Reifenwechsel im Frühling und Herbst, schicken im Dezember per Post die neue Autobahnvignette, bezahlen Steuern und Versicherung. Eine ungetrübte Mobilität, bei der
auch der möglichst nahtlose Ersatz bei einer Panne oder einem Unfall dazukommt. Da die Abo-Firmen Zugriff auf
einen breiten Wagenpark haben, ist Ersatz auch kurzfristig kein Problem.

Auch für Entdecker
In den vergangenen 50plus-Ausgaben haben wir verschiedentlich über «Alternative Antriebe» geschrieben, wieElektromobile und Plug-in-Hybride. Doch wie passen diese Antriebe mit den eigenen Mobilitätsanforderungen zusammen? Lassen sie sich überhaupt mit der aktuellen Wohnsituation verbinden? Mit dem Abo kann man solch neue Technik über Monate testen, ohne grosse Verpflichtungen einzugehen. Wenn’s passt, umso besser. Wer aber erkennt, dass der alternative Antrieb doch nicht passt, gibt den Wagen nach Ablauf der Mindestlaufzeit einfach zurück.
Hilfreich ist ein Abo beispielsweise auch dann, wenn sich die eigene Arbeitssituation ändert und deshalb neben dem Familienauto rasch ein zweiter Wagen für noch nicht absehbare Zeit benötigt wird. Hier punktet das Abo mit einer flexibel gestaltbaren Nutzungsdauer und gleichwohl klar kalkulierbaren Kosten. Auch ein junges Paar, das eine Familie plant, kann profitieren. Die Zwei fahren zu Beginn im schnittigen Coupé und wenn es nach beispielsweise 18 Monaten mit dem Nachwuchs geklappt hat, geben sie das Coupé zurück und wechseln auf ein Abo mit einem SUV oder Minivan.
Abo-Firmen in der Schweiz
- Carvolution.ch Abo-Pionier, markenneutral, Neuwagen aus der Schweiz
- Clyde.ch AMAG, junge Occasion aus der Schweiz
- Upto.ch AXA, Neuwagen aus der Schweiz
- Carify.me Spinoff Uni St. Gallen, Occasionen aus der Schweiz
- Juicar.ch Alpiq, Elektromobile aus der Schweiz
- Flatdrive.ch Gautschi Langenthal, Neuwagen aus der Schweiz
- Autokunz.ch Markenneutral, Neuwagen/Occ., Direktimport und Schweiz
- Vonrotz.ch Markenneutral, Neuwagen/junge Occ., Direktimport und Schweiz
Doch das Abonnement ist auch für Menschen im Alter interessant. Gerade wer nochmals sein Auto wechseln will, sich aber nicht sicher ist, wie lange seine Fahrfähigkeit noch währt, geht mit dem Abo finanziell und zeitlich keine unnötigen Verpflichtungen mehr ein. Eine obere Alterslimite gibt es beim Abo übrigens keine, Voraussetzung ist der gültige Schweizer Fahrausweis.
So funktioniert es
Die Abwicklung des Abonnements läuft im Zeitalter der Digitalisierung übers Internet. Auf der Homepage des Anbieters wählt man den Wagen aus und definiert die grundlegenden Eckpunkte. Die meisten Anbieter arbeiten mit neuen oder neuwertigen Wagen. Da die Kilometerleistung bei jedem Kunden anders ist, wählt man als einen der Eckpunkte die voraussichtlich im Monatsschnitt gefahrene Distanz. Carvolution bietet dafür fünf Kilometerstufen, von 850 km/Monat bis 3250 km/Monat, wobei tiefere Kilometer eine tiefere Abo-Rate bedeuten. Abgeglichen wird erst bei der Rückgabe des Wagens, indem die gewählten
Weitere Eckpunkte variieren je nach Anbieter, was vor Vertragsabschluss einen Vergleich der verschiedenen Abo-Modelle nahelegt. Bei Carvolution können der Selbstbehalt der Versicherung und die Mindestlaufzeit des Abos kostenrelevant angepasst werden, bei anderen Anbietern kann dies teilweise nicht beeinflusst werden. Dabei gilt, dass eine längere Mindestlaufzeit und ein höherer Selbstbehalt die Rate niedriger halten.

Die App von Carvolution zeigt, welche Faktoren das Monats-Abo eines Wagens beeinflussen: Kilometer pro Monat, Mindestlaufzeit, Selbstbehalt und Wohnkanton. Dieser Citroën C1 würde im Tessin 356 Fr./Monat kosten. Der Kunde muss nur noch das Benzin bezahlen.
Weitere neue Ideen
Das «neue Autofahren» findet sich aber auch andernorts. So bietet Cadillac beispielsweise auf den Raum Zürich beschränkt sein Programm «Book by Cadillac». Man muss sich fürs Programm bewerben, und wer als Mitglied akzeptiert wird, bezahlt eine Monatsrate und kann praktisch täglich zwischen den Wagen von Cadillac und Chevrolet (Corvette, Camaro) wechseln. Volvo wiederum erprobt im benachbarten Ausland seit längerem das Abo-Modell «Care by Volvo». Es soll auch in der Schweiz eingeführt werden, einen Zeitpunkt dafür konnte man uns jedoch noch nicht nennen. Langfristige Mieten gibt es natürlich auch, doch dann fährt man mit AI- und VD-Nummern herum.
All diese Modelle und Lösungen ändern grundsätzlich nichts daran, dass unsere Mobilität ein teures Gut ist. Aber tatsächlich helfen sie, unsere Bedürfnisse noch individueller abdecken zu können. In dem Sinn ist das Abonnement eine interessante neue Art Auto zu fahren.mit den tatsächlich gefahrenen Kilometern verglichen werden. Wer hier über die Stränge schlägt, dem wird die Differenz natürlich nachverrechnet.


