Bombay der Strassenfeger

Unser brauner Lappi-Labrador hat es erstaunlicherweise geschafft: er ist im Laufe seines Daseins in den Status der Cervelat Prominenz aufgestiegen. Immerhin hat er sich, im Unterschied zur Konkurrenz, diese Bezeichnung in zweifacher Hinsicht verdient.

Wohl ist Bombay wie die übrige, Cüpli schwingende Lokalprominenz ausgesprochen kamerageil und posiert stets adrett vor jeder Linse. Im Unterschied zur omnipräsenten roten Teppich-Horde, die mit bleckendem Gebiss in die Kameras lächelt, überzeugt er eher mit seinem blasierten Gesichtsausdruck.  Wenn andernorts hängende Lefzgen und Lampiohren direkt zum Schönheitschirurgen führen, ist dies sein Markenzeichen.

Daneben verdient er aber das Prädikat „Cervelat“ hauptsächlich in anderer Hinsicht: er ist ein ausgesprochener Liebhaber dieser dicken, kurzen Wurst. Aber leider ist er nicht nur Wurstliebhaber. Man könnte ihn auch als Staubsauger auf vier Beinen bezeichnen. Bombay frisst grundsätzlich alles, was irgendwo, von irgend jemandem via Boden entsorgt wird. Und Sie glauben nicht, was da alles in den Büschen städtischer Parkanlagen, in Trams und Bussen aber auch in Restaurants rum liegt.

So gestalten sich unsere gemeinsamen Spaziergänge jeweils nicht, wie bei irgend einem normalen Hund, als fröhliche Ausflüge an die frische Luft, sondern als hektische Fressorgie durch die grassierende Wegwerfgesellschaft. Kaum aus dem Haus wird Herrchen vom stämmigen Fido standepede ins erstbeste Gestrüpp geschleppt. Was der geneigte Zuschauer als etwas eigensinnige Wahl des richtigen Baumstammes zur pinkelnden Markierung des Objekts interpretieren könnte, dient einzig und allein der Naschgier meines Vierbeiners.

Und er wird erstaunlicherweise überall fündig. Auf einem durchschnittlichen Spaziergang von einer halben Stunde findet er easy so viel Fressbares, dass damit problemlos einer ganzen Schulklasse ihr Znüni serviert werden könnte. Zum Beispiel letzhin fand er im Gebüsch vor unserem Haus ein taufrisches Pariserbrot. Wie ein sozusagen backwarmes Brot im Vorgarten einer Liegenschaft landet, ist mir schleierhaft. Aber Bombay hat’s zielsicher aufgestöbert. Dank der praktischen Länge dieses Fundstückes, liess es sich zum Aerger des Finders problemlos aus seiner Schnauze entfernen. Zehn Schritte weiter stach seine Nase in den Lorbeerbusch des Nachbarn und schwupps, hatte er einen angebissenen Apfel zwischen den Zähnen.

Schon etwas entnervt, liess ich ihn gewähren, schliesslich liegt Vegetarisches auch für Vierbeiner im Trend. Aber kaum haben wir die Strasse überquert, stach seine Rute wiederum wedelnd in die Höhe, ein untrügliches Zeichen, dass neue Fressalien in Reichweite locken: und tatsächlich, ein beherztes Zugreifen am Trottoirrand und schon verschwindet ein halber BigMac im Schlund. Diesmal wird geschluckt ohne zu beissen, denn Monsieur lässt sich eine solche Trophäe nicht entgehen.

So geht das ununterbrochen weiter. Pro Spaziergang werden durchschnittlich ein Kilo Brot, zig angefressene Weggli, halbe Pizzas,  ganze Chicken Nuggets, Frühlingsrollen und was sonst noch alles in Take Aways erhältlich und als Throw Aways auf die Strasse geworfen wird, eingesammelt. Zum Pinkeln reicht Bombay die Zeit wegen der aufwendigen Strassenputz Aktionen meistens nicht.

Ich spare mir jedoch seit Jahren das teure Hundefutter und wundere mich über die Gepflogenheiten unserer Zeit.

Ähnliche Beiträge

Diese Webseite benutzt Cookies