Mein Krampf mit Online-Buchungen

Ich kann ja von mir nicht gerade behaupten, dass ich mit dem Computer aufgewachsen wäre. Schliesslich habe ich Jahrgang 1948, bin also alles andere als ein „digital native“, ein Computerkind, wie man die Generation nennt, welche mit all den Geräten gross geworden ist, die heute unser aller Leben bestimmen.

Zu unserer Zeit waren die Computer noch so gross wie der Singsaal im Schulhaus, hiessen „Rechner“ und kosteten ein Vermögen. Dementsprechend hat man diese ratternden, lochkartenfressenden Ungeheuer behandelt wie ein Heiligtum: untergebracht in einem klimatisierten Käfig, dem sich nur ausgewählte Gralshüter nähern durften.

Tempi passati. Jetzt ist mein Laptop schmaler und leichter als das Brot-Schneidebrett in der Küche.

Das Ding leistet tausend mal mehr als die früheren Rechenmaschinen und bleibt sowieso meistens zuhause auf dem Schreibtisch, weil ich längst den halben Bürokram und mein ganzes Privatleben mit meinem Smartphone (auch wieder so ein moderner Ausdruck), also mit meinem gescheiten, mobilen Telefon erledige: vom Terminkalender über meine Einkäufe, von der Korrespondenz (man sagt dem auch Mailverkehr) bis zu den Banküberweisungen. Ich trage – Handy sei dank – mein Lexikon in der Tasche, habe jeden Stadtplan gleich zur Hand, zahle damit das Bahnticket (theoretisch, davon jedoch gleich), kenne meine Herzfrequenz und kriege neustens auch den Schlüssel fürs Hotelzimmer darauf ausgehändigt. Soweit so gut.

Neue schöne Welt. Bloss, da lauern auch ein paar Tücken. Mindestens für Jahrgänger wie mich. Es gehe alles schneller, einfacher und sozusagen vom Bett aus, verspricht uns diese Technologie. Meinste. Kürzlich wollte ich kurz vor dem Schlafen gehen für den nächsten Morgen mein Zugsbillett übers Internet kaufen, um ein paar Minuten länger in den Federn bleiben zu können.

Gesagt getan.

Bitte melden Sie sich für den e-Ticket Kauf an, sagte mir das SBB-App. Ok. Personalien, Geburtsdatum, Adresse und den ganzen Krimskrams eingeben. Aber bitte, eigentlich will ich doch nur schnell vor dem Einschlafen mein Bahnbillett für morgen früh kaufen, gopf….Immerhin, bis zur Kreditkartennummer schaffte ich es. Achtung der Code stimmt nicht. Aha. Nochmal von vorne. „Ihre Anfrage konnte vom System leider nicht bearbeitet werden, versuchen Sie es später.“ Super.

Versuch Nummer X eine halbe Stunde später via „Billettkauf ohne Login“. Es besteht Hoffnung, denn bis „weiter zur Kasse“ ging alles gut. Dann kam die Meldung: „Ihr secure code ist abgelaufen, Ihre Anfrage kann nicht bearbeitet werden“. Was Donners ist denn das, ich hatte noch nie einen „secure code“ oder sonst was ähnliches.

Frustriert stellte ich fest, dass ich nun definitiv alt geworden bin und stellte mich am nächsten morgen geduldig am Billetschalter an und wurde von einer freundlichen Mitarbeiterin mit einem günstigen Sparbillet bedient. Sie war offensichtlich auch glücklich darüber, dass dank Menschen wie mir, ihr Arbeitsplatz noch erhalten geblieben ist.

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