Wechseljahre? Dem Himmel sei Dank für Drogen. Ja, ich weiss. Beim ersten Mal musste ich sogar unterschreiben, dass ich mir des erhöhten Risikos bewusst bin.

Hormonpräparate sollen (sollten) dafür verantwortlich sein, dass Zellwachstum angeregt wird, im Zweifel eben auch das der bösen Zellen. Die Alternative? Mein Gynäkologe (männlich) sah mich resigniert an, als ich um Hilfe bei den ersten Wechseljahrbeschwerden bat. «Da müssen Sie durch», sagte er und erwähnte Frauenkraut und so was. Keine Empathie, keine Lösungsvorschläge, kein Schlachtplan, wie man mich Schulschiff weiter auf Kurs halten könnte. Er musste ja auch nicht nachts drei bis zwölf Mal das Hemd wechseln, weil er sich klatschnass schwitzt. Ich aber schon, nicht immer, aber immer öfter. «Geht gar nicht», sagte eine Freundin, deren Mann ebenfalls Gynäkologe ist, sie nähme Hormone und sei happy damit. Ich frage den Gatten privat, ob er das immer empfehlen würde. Na klar, sagt er, «das muss alles nicht sein», und wischte meine hormonellen Tumorwachstumsbedenken damit beiseite, dass es solche und solche Studien gäbe, man könne sich auch verrückt machen. Es gäbe nun mal die Möglichkeit, das hormonelle Ablaufdatum nach hinten zu verschieben, die heutigen Mittel seien viel niedriger dosiert, es sei alles nicht erwiesen, die Schäden und so. Ich war noch nicht überzeugt.

Ich beobachtete mich, wie schlimm kann es denn sein? Ein bisschen schwitzen, ein bisschen mies gelaunt und irgendwann ist wieder Ruhe, oder nicht? Ich erlebte Tage, an denen ich am liebsten unter der Decke geblieben wäre. Meine Laune: auf dem Tiefpunkt. Ich schlief schlecht, ich sah besch…… aus. Ich mochte mein Konterfei im Spiegel nicht, Dates endeten im Nichts. «Du strahlst es nicht aus», konstatierte ein guter Freund, der – aus Mitleid? – ab und zu mal mit mir ins Kino oder essen ging. Nein, mein Freund, im Gegenteil. Ich strahlte genau das aus, wie es mir ging. Dumpf, grau, verschwindend. Man sagt immer, die Frauen würden ab «einem gewissen Alter» nicht mehr wahrgenommen werden. Aber tatsächlich machen sich die Frauen bzw. machen die Wechseljahrbeschwerden die Frauen unsichtbar. Man verschwimmt mit Häuserwänden und Strassenbelägen, man kleidet sich in Kackbeige oder Mausgrau oder am liebsten grad in Trauerschwarz. Und hat keine Kraft, dagegen anzugehen. Bloss nicht auffallen. Die Kinder? Haben sowieso längst ihre eigene Welt. In meinen Ohren klang das «das muss alles nicht sein» noch nach und ich beschloss kurz vor einer Depression (so hat es sich wirklich ernsthaft angefühlt!) zu handeln. Her mit den Hormonen.

Ich war Anfang 50, als ich damit begann. Und innert drei Monaten änderte sich mein Leben dramatisch. Vor allem schlief ich wieder wie ein Baby. Auch heute, sechs Jahre später. Das ist die halbe Miete. Trocken vor allem! Null Schweissausbrüche. Die Degeneration meines Körpers scheint sich zu verlangsamen, ich bekomme Lust, wieder mehr Sport zu machen. Und habe den besten Sex meines Lebens. Alles wegen der Hormone? Nein, die haben nur die Abwärts-Spirale gestoppt, meine Laune gebessert und damit die Grundlage dafür gelegt, dass ich mich wieder mit Spass um mich selbst kümmere. Und das auch ausstrahle. Beschwerden? Null.

Fragen Sie nicht unbedingt Ihren Arzt oder Apotheker – schon klar, den auch, aber vor allem eine gute Freundin…

Ihre Dörte Welti

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