Sie sind überall anzutreffen, in Städten, Dörfern – und vor allem an Bahnhöfen. Sie leben mitten unter uns zu Hunderten, zu Tausenden! Man erkennt sie nicht auf den ersten Blick, sie sehen aus wie Sie und ich.

Von Koni Fehr und Peter Michael Wehrli

Meistens erspürt man sie aber: Ein schmerzhafter Rempler, ein Bodycheck, dann oft ein leerer Blick, vielleicht ein Laut, der mehr an ein Grunzen erinnert… Mit beiden Händen umkrallen sie ein leuchtendes Display, den Kopf gesenkt, den Blick starr darauf geheftet, in den Ohren weisse Stöpsel. Sie torkeln durch die Bahnhofshallen, sie rempeln sich durch die Menschenmassen –sind geistig wohl irgendwo, nur sicher nicht im Hier und Jetzt. Smartphone-Zombies eben.

1948 schrieb George Orwell in seinem Buch „1984“ von Geräten, die alles immer und überall aufzeichnen, Televisoren genannt. Big brother, der uns laufend überwacht, kontrolliert und zunehmend auch bestimmt. Wir verschlangen die Geschichte mit einem Schaudern – und in der Gewissheit: „So etwas kann uns nicht passieren“. Uns doch nicht… Wie wir uns irrten. George Orwell hat uns längst eingeholt, Sie und mich!

Sie meinen, wir beziehen mit unseren Smartphones nur Informationen? Das Gegenteil ist der Fall: wir liefern sie! Mein Smartphone registriert nämlich sämtliche Aktivitäten. Wo ich hingehe, für welche Ware ich mich interessiere, wie lange ich vor einem Schaufenster stehe, was ich zum Essen kaufe, wie und was ich bezahle und es erstellt ein sauberes Bewegungsprofil. Wenn ich ein Hüstlein habe und nach einem Medi suche: schon weiss Google, dass ich krank bin – und verkauft die Daten gewinnbringend weiter. Woher denn sonst die horrenden Gewinne dieses Konzerns? Jede App dient primär dem Zweck der Datensammlung. Über uns. Wir liefern ihr freiwillig unsere Gesundheitsdaten, Blutdruck, Herfrequenz… Und bezahlen gar noch für die App! Die Sprachassistenten wie Siri hören, was wir sagen. Und sie hören immer mit. Haben Sie gedacht, dass Siri nur zuhört, wenn Sie „Hey Siri“ rufen und nach dem Wetter fragen? Kommen Sie! Siri ist immer da. Und Alexa auch – und alle die anderen. Die neuen interaktiven Lautsprecher sollen zur Kommunikationszentrale im Wohnzimmer werden. Warum denn auch? Kommunizieren wir zu wenig in unseren Wohnzimmern? Sicher nöd! Weil sie immer mithören – 24 Stunden in meinem Wohnzimmer. Sie sind strategisch interessant – für die Datensammler natürlich, nicht für uns!

Auch Ich nutze mein iPhone sehr gerne und wäre manchmal geradezu aufgeschmissen ohne. Wenn ich mich daran erinnere, wie wir früher im SBB-Fahrplan (ein Buch dicker als jede Bibel) mühsam die Verbindung herauszulesen versuchten – dann doch scheiterten und das Auto nahmen… Aber ständig überall und jederzeit erreichbar zu sein, dass überspannt den Bogen echli. Mein ich. Nutzen wir diese faszinierenden Dinger mit Vernunft – und lassen sie auch mal zuhause auf dem Nachttischli liegen. Ich habe mir nun vorgenommen, einen Offline-Tag einzuschalten. Früher propagierten wir den autofreien Sonntag – heute den handyfreien! Machen Sie mit?

Besinnliche Adventszeit!

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