Was haben wir gelacht… Ein frühmorgendlicher Pendlerzug, 2 Abteile von Adoleszenten, die sich dem persönlichen Entwicklungsstand entsprechend (und ich meine: eine reife Leistung) nicht im Smartphone vergraben haben. Da wurde natürlich gebalzt, eine wahre Freude, und geplaudert und gar diskutiert, immer unter Einbezug der aktuellen technischen Entwicklungen.

Und der eine griff strategisch immer wieder auf das sog. «Nasenhaar-Tool» zurück, das, wie viele Gadgets in dieser modernen Welt, uns fotografisch nicht ganz real erscheinen lässt, uns beschönigt, jünger macht und eben: beim Fotografieren die Nasenhaare automatisch wegretuschiert. Zum Schiessen. Und nach dreimaligem Hören aus dem Mund eines jungen Mannes, der das Tool noch gar nicht benötigt, kannst du dich dem Lachen nicht mehr entziehen.

Einschub Anfang: ich habe, ganz unprofessionell, nicht recherchiert, ob es das Tool und wenn ja und in welcher Form, tatsächlich gibt. Einschub Ende.

Die Kids, die der Whatsapp-, Snapchat- und Instagram-Generation (Facebook kennen die schon fast nicht mehr) angehören und hoffentlich wenigstens wissen, dass dort z.B. die Influencer, also jene, die mit extrem vielen (auch falschen) Followern Produkte platzieren können und so nebenbei auch ein Heidengeld kassieren, genauso bescheissen wie ein Älterer ohne Nasenhaare…

Warum sind sie nur so wichtig: das «Mehr Schein als Sein» und der Glaube an den offensichtlichen Betrug? Was geht im Kopf eines U20-Schülers vor? In welcher Wolke drehen sich seine Gedanken? Durch wie viele Filter gehen seine geposteten Selfies? Interessiert ihn der Gedanke, dass auch die andern diesbezüglich wohl irgendwie «bschiiisse»?

Interessiert ihn, dass man in Bundesbern den Lobbyisten nun doch endlich den (geschenkten) Eintritt ins Bundeshaus verweigern will? Ist Politik auch schon lange wirtschaftlich digital? Sieht er im erneuten Konjunktur-Hoch unserer Uhrenbranche eine Chance für sich selbst oder bloss eine weitere Zementierung unserer Werte, die uns vor einer Ewigkeit grossgemacht haben? Sind die angedrohten Flugpreiserhöhungen ein Schock, ein Affront gegen seine persönliche Reisefreiheit oder spürt er instinktiv, dass da etwas längerfristig nicht mehr zusammenpasst?

Immerhin gehen sie noch mit dem Zug in die Schule… Ist ihm dabei klar, dass neuerdings auch das Halbtax-Abo für Neuabonnenten (bei einem Werbepartner) nochmals zum halben Preis erhältlich ist? Und dass solche Werbe-«Gags» bestehende Abonnenten ziemlich verärgern… Ist der erste Digital-Tag der Schweiz ein längst fälliges Muss oder schon ein Witz, weil analog kennt man gar nicht mehr? Müssen wir den Fundus an kleinen und kleinsten Helfern wirklich voll ausschöpfen, wenn wir übermorgen noch mithalten wollen?

Ich musste damals im Zug und muss, ganz ehrlich, beim Schreiben dieser Zeilen immer noch lachen. Wegen dem blöden Nasenhaar-Tool. Ist etwas, das auf den ersten Blick völlig absurd und unnütz erscheint, bei genauerer Betrachtung nichts als ein logischer Schritt? Pigmentflecken, noch viel schlimmer Leberflecken, die müssen schon seit Ewigkeiten alle weg. Sich lichtendes Haar gehört unter eine Perücke oder aber es muss an den fehlenden Stellen implantiert werden.

Ich komme auch langsam in die Jahre und werde mich demnächst nach einem Falten-weg-Tool umsehen müssen. Botox soll nämlich sehr gefährlich sein.

Wo aber bleibt hier die Retourkutsche, die fast alle Trends irgendwann wieder eingeholt, neutralisiert und für eine gewisse Zeit auf Eis gelegt hat? Seit neueste Studien belegen, dass vor allem Pensionierte beim Internet- und Smartphone-Konsum wacker zulegen, müssen es wieder mal die Jungen richten… und den Gegentrend setzen: zurück zur natürlichen Natürlichkeit. Wir sind und bleiben, wenigstens aktuell und heute, noch analog. Alles andere sollte wenigstens ein bisschen suspekt sein. Fazit: Traue keinem ohne Nasenhaare.