Die Ausstellung Chagall – Die Jahre des Durchbruchs 1911–1919 fokussiert auf das Frühwerk Marc Chagalls. Grundlage ist die ausserordentliche Gruppe von hochkarätigen Gemälden des französischen Künstlers in der Sammlung des Kunstmuseums Basel und der Sammlung Im Obersteg.

Der künstlerische Durchbruch Marc Chagalls (1887–1985) vollzog sich zwischen zwei gegensätzlichen Polen: Seiner weissrussischen Heimatstadt Witebsk und der Weltstadt Paris,wo Chagall von 1911 bis 1914 lebte. In dieser Zeit kombinierte er in seinen Gemälden Erinnerungen aus dem russischen Provinzleben mit ikonischen Bruchstücken aus dem Leben in der Metropole. Reminiszenzen an die russische Volkskunst wurden ebenso verarbeitet wie neueste stilistische Experimente, denen er durch das Leben im Mittelpunkt der künstlerischen Avantgarde und durch die Bekanntschaft mit vielen der progressivsten Künstler, darunter Pablo Picasso, Robert und Sonia Delaunay sowie Jacques Lipchitz, ausgesetzt war.

Kunstmuseum Basel- mit einem Beitrag von Dr. h.c. Richard Doetsch-Benziger erworben Foto: Kunstmuseum Basel - Martin P. Bühler

Kunstmuseum Basel- mit einem Beitrag von Dr. h.c. Richard Doetsch-Benziger erworben
Foto: Kunstmuseum Basel – Martin P. Bühler

Aus diesen Pariser Jahren zeigt die Ausstellung Schlüsselwerke wie À la Russie, aux ânes et aux autres (1911), die den Erfolg Chagalls auf dem Salon des Indépendants 1912 begründeten, und Hommage à Apollinaire (1913), das von seiner Verbindung zum französischen Dichter und der Pariser Avantgarde zeugt. Daneben präsentiert das Kunstmuseum Basel zahlreiche Gemälde und Arbeiten auf Papier, in denen sich Chagall mit dem jüdischen Schtetl und dem ländlichen Leben seiner weissrussischen Heimat befasste.
1914 nahm Chagalls Biografie eine unbeabsichtigte Wende. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges überraschte ihn während einer Reise in seine Heimat und zwang ihn zu einem achtjährigen Aufenthalt in Russland. Die Ausstellung zeigt eine repräsentative Auswahl von Werken aus dieser künstlerisch, biografisch und politisch bewegten Zeit.

In Witebsk setzte eine Phase intensiver Selbstreflexion ein, von der viele Gemälde und Arbeiten auf Papier Zeugnis ablegen. Einen Höhepunkt in Chagalls Werk aus den russischen Jahren stellt die Gruppe der sogenannten «vier grossen Rabbiner» – von denen sich drei in der Sammlung Im Obersteg befinden – dar, die in kurzer Folge 1914–1915 entstanden und nun erstmals gemeinsam zu sehen sein werden. In den Gemälden gelingt dem Künstler eine überzeugende Synthese zwischen aus dem eigenen Erlebnis gespeister intensiver Emotion einerseits und der Suche nach neuen formalen Lösungen andererseits. Die Jahre nach Chagalls Rückkehr nach Russland sind zudem von den Kriegshandlungen geprägt, die auch seine Heimatstadt betreffen und die er unter anderem in den Tuschezeichnungen Le départ pour la guerre (1914) festhält.

In diesen acht Jahren entstanden ausserdem zahlreiche Selbstportraits, Darstellungen des jüdischen Lebens und zuletzt Entwürfe für das Bühnenbild zur Jahresfeier der Oktoberrevolution 1918, die er in seiner Funktion als Kommissar für Künste und Leiter der Kunstschule von Witebsk ausrichtete.

Der Jude in Hellrot (Le juif en rose) - 100 x 80.5 cm; Öl auf Leinwand, © Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg

Der Jude in Hellrot (Le juif en rose) – 100 x 80.5 cm; Öl auf Leinwand, © Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg

Die wichtige Gruppe von Gemälden in den Sammlungen des Kunstmuseums Basel und Im Obersteg wird ergänzt durch hochkarätige Leihgaben aus Schweizer und internationalen privaten und öffentlichen Sammlungen, darunter das Museum of Modern Art (New York), das Centre Pompidou (Paris), das Staatliche Russische Museum (St. Petersburg), das Städel Museum (Frankfurt a.M.), die Tretjakow-Galerie (Moskau) oder das Israel Museum (Jerusalem).

Schwerpunkt Fotografie

Die historische Fotografie bildet einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung und ergänzt und kommentiert Chagalls Frühwerk oft auf überraschende Art und Weise. Fotografien des russischen Künstlers Solomon Judowin, die im Rahmen der von Semen An-Ski organisierten ethnografischen Expeditionen 1912–1914 in russischen Schtetl entstanden sind, können als Versuch betrachtet werden, eine von Pogromen, politischen Umwälzungen und sozialen Dynamiken gefährdete Welt für nachfolgende Generationen festzuhalten. Erstmals sind sie im Kunstmuseum Basel auch einem Schweizer Publikum zugänglich.

Die revolutionären Umbrüche der Jahre 1917–1920 werden durch Reportagefotografien von Viktor Bulla (1883–1944), Jakow Steinberg (1880–1942) und Pawel Schukow (1870–1942) vergegenwärtigt, die dem Kunstmuseum durch die Fotosammlung Ruth und Peter Herzog im Jacques Herzog und Pierre de Meuron Kabinett Basel zur Verfügung gestellt werden. Die im Rahmen der Ausstellung gezeigten unterschiedlichen fotografischen Bestände besitzen eine über das Dokumentarische hinausgehende künstlerische Bedeutung.

Die Ausstellung ist vom 16. September 2017 bis am 21. Januar 2018 im Kunstmuseum Basel, Neubau, St. Alban-Graben 20, 4052 Basel.

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