Gemütliche drei Stunden an frischer Luft in abwechslungsreicher Juralandschaft unterwegs — für einen Wintertag mag dies füglich genügen. In dieser überschaubaren Zeit quert unsere Route von Wölflinswil AG über Kienberg SO nach Anwil BL gleich drei Kantone.

Von Franz auf der Maur

Sehenswert im Startort Wölflinswil, ausser dem Gastro-Tempel «Ochsen», ist die katholische Pfarrkirche auf einer Geländerippe, ein schlichter Saalbau aus dem frühen 19. Jahrhundert neben ihrem mittelalterlichen Glockenturm.

Die Etappe nach Kienberg dauert eineinhalb Stunden, so vermeldet es der Wegweiser bei der Postautohaltestelle an der Benkerjoch-Linie Frick–Aarau. Von Wölflinswil geht es zunächst über Felder und dann durchs Lammetholz bergan bis zur Kantonsgrenze Aargau/Solothurn beim Weiler Tannen. Nahe der Grenze, verwirrlich genug, sticht ein Gedenkstein mit Berner Wappen ins Auge: ein Souvenir an den Aktivdienst im Zweiten Weltkrieg 1939–1945, als hier Truppen aus dem Bernbiet in einer Verteidigungslinie gegen den befürchteten deutschen Einmarsch standen.

Was beim Aufstieg an Höhe gewonnen wurde, geht nun beim Abstieg nach Kienberg nahezu wieder verloren. Die gelben Markierungen verweisen auf eine Pfadspur dem Waldrand entlang vorerst gegen das Gehöft Steindler; bei schwierigen Wegverhältnissen ist das direkt nach Kienberg führende Flursträsschen aber vorzuziehen. Ein lustiges Meteogerät am östlichen Dorfeingang von Kienberg zeigt an, was ohnehin klar ersichtlich ist: das aktuelle Wetter. Wollen hoffen, für das zweite Teilstück nach Anwil gebe es weder Regen noch Nebel.

Gips-Gemeinde im Abseits
Kienberg, obwohl geografisch dem aargauischen Fricktal zugewandt, ist solothurnisches Territorium und galt als Gips-Gemeinde, bis Steinbruch und Fabrik 1974 geschlossen wurden. Mit dem Mutterkanton steht Kienberg nur durch einen schmalen Geländekorridor in Verbindung. In der Vergangenheit war die solothurnische Zugehörigkeit von Nachteil: Die Aargauer sperrten eine Weile ihre Strassen für den Abtransport des «fremden» Bodenschatzes.

Heute ist das nachbarschaftliche Verhältnis bestens, und Kienberg gehört als einzige solothurnische Gemeinde zum Jurapark Aargau. Dieser von 30 Kommunen gebildete regionale Naturpark erstreckt sich auf 244 Quadratkilometern von Zeiningen im Westen bis Villigen im Osten und vom Mettauertal im Norden bis nach Küttigen bei Aarau. Zu den Zielen gehören die Förderung des naturnahen Tourismus, etwas des Wanderns, und die Vermarktung regionaler Produkte aus der Landwirtschaft. Zwei Burgruinen rahmen Kienberg ein: Heidegg im Osten und Alt Kienberg im Westen. Weil aber beide in steilem Waldgelände liegen und nur noch wenige Mauerreste zeigen, lohnt sich ein Abstecher kaum. Wegen des instabilen Untergrundes sei vor dem Betreten des ausgedehnten Gipssteinbruchs südöstlich des Dorfes gewarnt. Aus sicherer Entfernung ist zu erkennen, wie die Abbauterrassen langsam von Vegetation überwuchert werden.

«Ammel» im Baselbieter Lied
Wo der Wanderweg zwischen Kienberg und Anwil kulminiert, verläuft eine weitere Kantonsgrenze, diesmal zwischen Solothurn und Baselland. Anwil, im Dialekt «Ammel» genannt, ist das östlichste Dorf des Halbkantons und deshalb im Baselbieter Lied verewigt worden; dieses lobt das freie und schöne Ländchen zwischen Schönenbuch und Anwil, zwischen Bölchen und Rhein.

Freilich zählt nun, seit auch das ehemals bernische Laufental zu Baselland gehört, nicht mehr SchönenAnwilbuch, sondern Roggenburg als westlichste Gemeinde. Anwil/Ammel ist stolz auf sein Schwalbenhaus mit Raum für 50 Nester, die im Winterhalbjahr allerdings leer bleiben. Ganzjährig sesshaft hingegen, und dies gleich seit rund 170 Jahrmillionen, bleibt eine Population versteinerter Meerestiere aus der Dogger-Zeit. Ein fossilreicher Felsen dieser auch Brauner Jura genannten geologischen Formation lässt sich hinter dem Restaurant «Reblaube»  bestaunen. Dann heisst es, vielleicht bei einer kräftigenden Käseschnitte, eine Entscheidung zu treffen: Rückfahrt mit dem Postauto zum Bahnhof Gelterkinden … oder aber noch ein Wanderstündchen anhängen bis zum Nachbardorf Rothenfluh im Tal der Ergolz unten?

Route
Wölflinswil (437 m)—Lammetholz (610 m)—Tannen (669 m)—Kienberg (547 m)—Brunnacher (561 m)—Kantonsgrenze Solothurn/Baselland bei Punkt 698—Anwil (588 m).

Wanderzeit
3 Stunden mit 400 Metern Steigung und 250 Metern Gefälle.

Öffentlicher Verkehr
Von Frick oder Aarau mit Postauto der Benkerjoch-Linie nach Wölflinswil. Rückfahrt mit Postauto der Linie Kienberg—Anwil—Rothenfluh—Gelterkinden.
Landeskarte der Schweiz 1 : 25 000, Blatt 1069 «Frick», Landeskarte 1 : 50 000, Blatt 214 «Liestal», Wanderkarte 1 : 50 000, Blatt 214 T «Liestal».